Aus der Sperre Sommer 2019
Die Freitagsdemos der Schüler*innen und Studierenden für den Klimaschutz beeindrucken seit einem halben Jahr auch Münster
Ein Gastbeitrag von Philipp Schröder von und für Fridays for Future Münster
Seit Ende Dezember 2018 streiken auch in Münster Schüler*innen, Studierende und engagierte Menschen für eine konsequente Klimapolitik und fordern die Regierungen – sowohl kommunal als auch bundesweit – auf, alles zu tun, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Was mit einer Mahnwache vor dem Rathaus anfing, wurde zu etwas viel Größerem.
Ein kalter Tag Mitte Januar, Minusgrade, doch vor dem Rathaus wird es so voll, dass die Veranstalter*innen auf den Domplatz ausweichen müssen – eintausend Menschen sind gekommen, vor allem Schüler*innen, bunte Protestschilder werden hochgehalten, die gerufenen Sprüche hallen wider und bleiben als Atemwölkchen zurück: „Damit ich auch in Zukunft frier’, wenn ich im Winter protestier’” – mein erster Kontakt mit „Fridays for Future“ hat mich sofort begeistert. Gut vier Monate später sitze ich mit den Mitorganisator*innen unserer Ortsgruppe in einem stickigen Konferenzraum, die letzten Vorbereitungen für die Großdemo am 24. Mai werden getroffen, alles steht im Zeichen der Europawahl, der „Klimawahl”, Mobilisierungsaktionen werden ausgefeilt, wir hoffen auf eine Beteiligung wie bereits am 15. März: 5000 Menschen waren wir in Münster, über 300.000 in ganz Deutschland, weit über eine Million auf der ganzen Welt [Am 24. Mai 2019 nahmen weit über 6000 Demonstrant*innen an der Kundgebung in Münster teil; Anm. der Red.].
Beschlüsse der Kohlekommission: „gefährlich altbacken und unverantwortlich“
Am 28. Dezember 2018 ist unsere Ortsgruppe mit 14 Demonstrant*innen gestartet, das entspricht einer Steigerung von etwa 35.714 Prozent. Doch so toll diese Zahlen klingen, so beeindruckend die Unterstützung in der Stadtgesellschaft wie weltweit für uns als Fridays for Future auch ist: Was für uns zählt, sind die Inhalte. Als ich das erste Mal an einer Demonstration teilnahm, tagte die Kohlekommission gerade in ihrer entscheidenden Sitzung – mit einem Ergebnis, dass für meine Generation eine Farce ist – gefährlich altbacken und unverantwortlich.
Wissenschaftlich abgesichert, wäre es ein fataler, irreversibler Schaden, sollte die globale Erderwärmung den Wert von 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter übersteigen. Unsere Forderungen sind daher keinesfalls träumerisches Wunschdenken verbohrter Jungideolog*innen, sondern schlicht und ergreifend das Mindestmaß an Maßnahmen, was dringend nötig ist, um den Klimakollaps aufzuhalten:
Noch in diesem Jahr ein Ende der Subventionen für fossile Energieträger, die Abschaltung von einem Viertel der Kohlekraftwerke und eine CO2-Steuer von 180 Euro pro Tonne, also dem umgerechneten Preis, den uns die Umweltbelastung durch CO2 kostet. Bis 2030 soll der Kohleausstieg komplett vollzogen worden sein, 2035 wollen wir 100 Prozent erneuerbare Energien und die Nettonull an CO2-Emissionen. Diese Forderungen sind mit Wissenschaftler*innen gemeinsam konzipiert worden und sind somit das eindeutige Ergebnis jahrzehntelanger Forschung auf dem Gebiet, die politisch auf allen Ebenen umgesetzt werden müssen.
Auch auf lokaler Ebene setzen wir uns als Ortsgruppe in Münster deshalb dafür ein, den Klimakollaps zu verhindern: am 22. Mai wurde im Rat unser Antrag, den sogenannten Klimanotstand auszurufen, behandelt und mit großer Mehrheit angenommen, nur FDP und AfD stimmten geschlossen dagegen. Dieser Antrag ist das Ergebnis Hunderter Stunden Arbeit, fast 2000 Unterschriften haben wir gesammelt, und sind jetzt natürlich entsprechend froh und auch stolz, dass nach den monatelangen Streiks unsere Anstrengungen erste Früchte tragen.
Umso wichtiger ist es jetzt für uns allerdings, weiterhin jeden Freitag auf die Straße zu gehen und unseren Teil dazu beizutragen, dass es beim Klimanotstand nicht bei Symbolpolitik bleibt, sondern den schönen Worten auch Taten folgen – denn die bisherigen Bemühungen, ob in Kommune, Land, Bund, in Europa oder weltweit, sind längst nicht genug.
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