Empfänger*innen von Hartz IV bekommen ab Januar 2020 ein wenig mehr Geld, so hat es heute das Kabinett der Bundesregierung beschlossen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte die Vorlage dazu ins Kabinett eingebracht.
Die Erhöhung erfolgt nach einem festgelegten Mechanismus und gilt für Alleinstehende, die Ehepartner*innen, Jugendliche und Kinder.
Für die Erhöhung der Regelsätze gilt:
- Für Alleinstehende soll der Hartz-IV-Satz zum 1. Januar 2020 auf 432 Euro steigen. Ein Plus von 8 Euro pro Monat.
- Wer mit einem anderen bedürftigen Erwachsenen wie dem*der Ehepartner*in in einer Wohnung (Bedarfsgemeinschaft) lebt, kann auf 389 Euro hoffen. Hier steigt der Satz demnach um 7 Euro.
- Für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren gibt es eine Erhöhung um 6 auf 328 Euro.
- Kinder von 6 bis 13 Jahren bekommen ebenfalls 6 Euro mehr. Hier steigt der Regelsatz auf 308 Euro monatlich.
- Für Kinder bis zur Vollendendung des 6. Lebensjahres steigt der Satz um 5 Euro auf 250 Euro.
Laut Verordnungsentwurf würden jährliche Mehrkosten von 450 Millionen Euro entstehen. 430 Millionen würden demnach dabei auf den Bund, 20 Millionen Euro auf die Kommunen entfallen. Die Erhöhung (1,88 Prozent) des Hartz-IV-Satzes liegt damit deutlich unter der Steigerungsrate der Nettolöhne (3,22 Prozent).
Das nennt man dann wohl wieder einen Tropfen auf den heißen Stein!
Update I vom 18.09.2019:
Harald Thome vom Erwerbslosenverein Tacheles in Wuppertal kritisiert diese leichte Erhöhung:
„Das sind die neuen Regelbedarfe für das nächste Jahr. Denen muss noch vom Bundesrat zugestimmt werden. Es ist aber anzunehmen, dass der Bundesrat das tut. Im Dezember 2017 hatte der Bundesrat eine Zustimmung mit Forderungen verbunden, zB. müsste eine Anspruchsgrundlage für eine Brille geschaffen werden. Diese sind plötzlich wieder vergessen und es wird gleichgeschaltet und Linientreu abgenickt.
Auch vergessen ist die Kritik des Bundesverfassungsgerichts an den Regelbedarfe aus 2014: „grade noch verfassungskonform“ und der Forderung nach Nachbesserung für Strom, für Bildung, für Teilhaber, für Fahrtkosten, Elektroweisgeräte, für Brillen. All das wird vermutlich bei der Bundesratsabnickveranstaltung im November keine Rolle mehr spielen.
Der DPWV [Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband] fordert Regelbedarfe von mind. 582 €. Dieser Mindestensforderung ist sich anzuschließen. So könnte gesellschaftliche Teilhabe, Arbeitsmarktintegration auf unterem Niveau sicher gestellt werden.
Altersrentner, Erwerbsgeminderte brauchen noch mehr, weil diese können in der Regel nicht mehr hinzuverdiehnen.“
Update 2 vom 19.09.2019:
Pressemeldung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes vom 18. September 2019.
Regelsätze bei Hartz IV: Paritätischer Gesamtverband fordert 582 Euro
Anlässlich der Erhöhung der Hartz IV-Leistungen um acht Euro auf 432 Euro ab nächstem Jahr erneuert der Paritätische Wohlfahrtsverband seine Kritik an den Regelsätzen. Nach neuesten Berechnungen der Forschungsstelle des Paritätischen müssten die Regelsätze auf mindestens 582 Euro erhöht werden.
„Die Bundesregierung setzt ihre traurige Tradition fort und gönnt Bezieherinnen und Beziehern von Hartz IV auch im kommenden Jahr kaum mehr“, kritisiert der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Die Bundesregierung hat erneut lediglich die Lohn- und Preisentwicklung fortgeschrieben. Notwendig wäre aber eine Erhöhung, die auch die Teilhabe der Menschen am Leben wieder ermöglicht. Schneider weiter: „Damit wird Armut in Deutschland weiter zementiert und die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben.“ Eine Erhöhung um 150 statt fünf Euro wäre dringend notwendig.
Ein weiterer Punkt, der beim Verband auf Kritik stößt, sind die ebenfalls geringen Steigerungen für Kinder, die zwischen 250 und 328 Euro je nach Altersstufe bekommen sollen. „Für Erwachsene ist Armut schlimm, für Kinder aber eine Katastrophe“, so Schneider. Für sie bleiben damit viele Türen verschlossen, die für andere Kinder außerhalb Hartz IV-Haushalten selbstverständlich offen stehen. Ulrich Schneider weiter: „Der Zoobesuch, das Eis oder einfach mal am Sonntag Pizza essen gehen ist nicht drin. Deswegen sprechen wir uns für eine existenzsichernde Kindergrundsicherung aus, die auch die Teilhabe für die Kleinsten ermöglicht!“
Eine weiterer Zustand, den der Verband kritisiert, sind die Sanktionen gegen Hartz IV-Bezieher*innen, die Zuwendungen für kleinste Vergehen drastisch reduzieren oder sogar ganz streichen können. „Hier müssen wir wegkommen von Bestrafungen hin zu einem echten Hilfesystem“, findet Ulrich Schneider. Statt zu sanktionieren müssten Qualifizierungs- und Arbeitsmarktförderungen sowie der soziale Arbeitsmarkt ausgebaut werden, so der Hauptgeschäftsführer.
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