„Reform der männlichen Machtstrukturen sowie eine weitgehende Beteiligung von Frauen [ist] beschlossene Sache“
Ein Wunder zum Beginn der Bischofskonferenz in Fulda! Kardinal Marks sagt zum Auftakt der Bischofskonferenz in Fulda gegenüber der Zeitung „Das Wunder von Fulda“: „Ein halbes Jahrtausend nach der Reformation scheint es, dass sich die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) im Vorfeld ihrer anstehenden Vollversammlung auf weitreichende Reformen geeinigt hat. Wie aus gut informierten Kreisen durchsickerte, sind eine Reform der männlichen Machtstrukturen sowie eine weitgehende Beteiligung von Frauen beschlossene Sache!“ Eine Revolution in der katholischen Kirche? Kann das sein?
„Endlich, endlich, hierfür haben wir so viele Jahre gekämpft“, brach es aus ihr heraus
Die Zeitung schreibt weiter: Die „Vorstandsvorsitzende der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands konnte ihre Rührung kaum verbergen: ‚Endlich, endlich, hierfür haben wir so viele Jahre gekämpft‘, brach es aus ihr heraus, als sie die Nachrichten erfuhr. Sie rief sofort den gesamten Vorstand sowie die Geschäftsstelle in Düsseldorf an, um sie [Vorstand und Geschäftsstelle] in ihren Wohnort Andernach in Rheinland-Pfalz einzuladen. ‚Heute müssen wir feiern, mein Pfälzer Wein bleibt zu, für so etwas Großartiges braucht es Champagner‘, erklärte die 59-Jährige“.
Frauenquote von 70 Prozent
Der endgültige Abschied von der Männer-Kirche sei gekommen, heißt es weiter in der Zeitung: „Quote von 70% scheint beschlossene Sache“. Die Zeitung schreibt: „Die Anteile von Frauen in der mittleren und oberen Leitungsebene der katholischen Kirche sind erschreckend niedrig. Ihr Anteil ist zwar, gemäß der Studie ‚Frauen in Leitungspositionen deutscher Ordinariate/Generalvikariate 2018‘ von Dr. Andrea Qualbrink aus Münster, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erstellt wurde, in den letzten Jahren stetig gestiegen, liegt jedoch nach wie vor nur bei 23% bzw. 19%.“
Mit der Quote von 70 Prozent solle bis 2023 der Anteil von Frauen in oberer und mittlerer Leitungsebene jeweils auf 33,3 Prozent gesteigert werden.
„Wir müssen um der eigenen Glaubwürdigkeit willen Frauen auf allen Ebenen der Kirche, von Pfarrei bis auf die Ebenen von Bistum, Bischofskonferenz und auch im Vatikan selbst noch weitaus mehr an Führungsaufgaben beteiligen. Wir müssen das wirklich wollen und auch umsetzen“, erklärte Kardinal Reinhard Marx gegenüber der Zeitung.
Eine deutliche Positionierung in Fragen der Ökologie und Menschenrechte: Eine „grundlegende Wirtschaftsreform der EU“ gefordert
„Geplant ist von der DBK [Deutsche Bischofskonferenz] darüber hinaus eine deutliche Positionierung in Fragen der Ökologie und Menschenrechte“, so heißt es in der Zeitung. Papst Franziskus habe in seiner 2015 veröffentlichten Enzyklika „Laudato si“‘ bereits die Richtung vorgegeben. „Dieses Dokument hat uns in all unseren Überlegungen zur Bewahrung der Schöpfung als Richtlinie gedient“, so Bischof Bodde gegenüber der Zeitung. „Eine intensive Bekämpfung von Fluchtursachen soll ebenfalls den päpstlichen Einschätzungen folgen. Franziskus hatte wiederholt die kapitalistische Wirtschaftsweise angeprangert und seine Aussage, dass diese Wirtschaft töte, bekräftigt. Die deutschen Bischöfe werden nun eine grundlegende Wirtschaftsreform der EU fordern sowie eine umfassende Seenotrettung für Flüchtlinge im Mittelmeer“, schreibt die Zeitung „Das Wunder von Fulda“.
Warum das alles?
Die Zeitung schreibt über die bisherige Entwicklung: „Im Vorfeld hatten die kfd und Maria 2.0 eine katholische Frauenbewegung bislang ungeahnter Stärke initiiert, die mit Streiks, Gottesdiensten und Demonstrationen internationale Aufmerksamkeit erreichte. Ungewöhnlich ist die breite Unterstützung durch Männer, darunter auch viele Priester.“ Die katholische Kirche konnte wohl nicht anders. Die Basisbewegung für die Reform der Kirche war zu groß!
Zeitung zeigt Zukunftsbild einer diskriminierungsfreien Kirche
Zu gut um wahr zu sein? Ja ist es. Denn: Das war jetzt Satire! Wer hat’s gemerkt? Denn zum Auftakt der derzeit in Fulda tagenden Bischofskonferenz haben die Initiatorinnen von „Maria 2.0“ und die kfd Münster eine satirische Zeitung herausgebracht, die ein Bild einer diskriminierungsfreien Kirche aufzeigt. So könnte die Zukunft aus Sicht der Frauen aussehen. „Humorvoll und mit einem Augenzwinkern präsentieren wir mit dem ‚Wunder von Fulda‘ sehr pointiert unsere Hoffnungen auf einen Wandel“, so Beatrix Bottermann, stellvertretende Vorsitzende des kfd-Diözesanverbandes Münster (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, Diözesanverband Münster). Aber ob das „Wunder von Fulda“, wie die Zeitung heißt, auf der realen derzeit in Fulda tagenden Bischofskonferenz wirklich geschieht, das steht in den Sternen!
„Wir haben ein wenig getan, als könnten dort ein Wunder geschehen“
„Wir haben in dieser Zeitung ein wenig getan, als könnten dort [auf der Bischofskonferenz in Fulda] ein Wunder geschehen“, sagt auch Barbara Issel, die Geschäftsführerin der kfd Münster. Die Zeilen in der Zeitung seien „mit viel Freude aus der Feder des kfd-Diözesanverbandes“ geschrieben und sie beschreiben „mögliche Situationen und Begebenheiten und nun ja Wunder“. Und Barbara Issel weiter: „Sie entsprechen nicht der Wahrheit“. Aber sie entsprechen „vielen Wünschen und Träumen vieler Frauen und auch Männer in der katholischen Kirche“. Judith Everding, die Vorsitzende der kfd-Frauen in Münster ergänzt: „Die Zeit ist reif für Veränderung – und Wunder gibt es immer wieder!“
Transparenz, Neubeginn und Zugang für Frauen zu allen Ämtern gefordert
Denn: Die kfd und „Maria 2.0“ sind unzufrieden. Unzufrieden mit dem Zustand der katholischen Kirche. „Wunder können heute oder morgen geschehen“, sagt Barbara Issel und fordert von der Kirche: Transparenz, Neubeginn und Zugang für Frauen zu allen Ämtern. Nach der großen MHG-Missbrauchsstudie sei „die Zeit reif für Veränderungen“.
Die Osnabrücker Thesen, verabschiedet durch die kfd-Frauen im Dezember 2017, seien schließlich von 100 Prozent der Delegierten beschlossen worden. Darin wird gefordert, dass Frauen den „Zugang zu allen kirchlichen Ämtern erhalten“ müssen und die Kirche sich öffne.
Es fände gerade eine „Kernschmelze“ statt, so die Frauen auf der Pressekonferenz der kfd Münster und der Bewegung „Maria 2.0“, auf der die Zeitung vorgestellt wurde: Auch traditionelle, konservative Katholik*innen würden sich dem Protest anschließen. Sie könnten die langjährige Diskriminierung „nicht mehr ertragen!“ Schließlich würden die hierarchischen Männerstrukturen in der katholischen Kirche gerade den Missbrauch erst ermöglichen! Es entwickele sich eine breite Basisbewegung. In vielen Orten würden Mahnwachen, Schweigemärsche, Gebete, Pilgertouren und Diskussionsrunden entstehen. Neue Gruppen würden „wie Pilze aus dem Boden“ schießen.
Echte Grußbotschaften zu den fiktiven Ereignissen
In der Zeitung sind neben den satirischen Beiträgen auch zwei echte Beiträge: Die beiden Unterstützerinnen Barbara Hendricks (Ex-Bundesumweltministerin, SPD) und Margot Käßmann (ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland) schreiben echte Grußbotschaften zu den fiktiven Ereignissen:
Margot Käßmann schreibt, dass es keine theologischen Gründe gäbe, die gegen die Forderung der Frauen, auch in der katholischen Kirche repräsentiert zu werden, sprächen, allenfalls die Tradition. „Tradition ist gut, wenn sie Menschen beheimatet. Aber sie muss verändert werden, wenn sie Menschen ausgrenzt“, so die frühere Landesbischöfin von Hannover. „Es wird Zeit, dass Frauen endlich öffentlich die [christlichen] Kirchen repräsentieren, aber auch die anderen Religionsgemeinschaften, das Judentum, den Islam. Wenn uns angeblich die Hälfte des Himmels gehört, können wir das ja hier auf Erden schon mal einüben.“
Und Käßmann weiter: „Den Entscheidungen der Männer über Jungfräulichkeit, Ehe, Verhütung und Abtreibung aber sollen sie sich beugen. Wie kann das sein?“ Die Theologin verweist darauf, dass Maria im Lukasevangelium ein geradezu revolutionäres Lied singe: „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen“, so Käßmann.
Barbara Hendricks, selbst Mitglied bei der kfd, ergänzt: „Wenn die katholische Kirche in Deutschland die vielen ehrenamtlich engagierten Frauen nicht hätte, wäre sie schon längst tot“. Hendricks, die 2017 ihre langjährige Lebenspartnerin heiratete, hofft auf die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften durch die katholische Kirche: Sie wolle „zwar keine Gleichstellung mit der Ehe, aber eine Segnung“. Hendricks: „Es gibt wirklich keinen Grund, Pferde, Traktoren und Häuser zu segnen, aber homosexuelle Paare nicht.“
Sogar fiktives Horoskop in der Zeitung
Sogar ein Horoskop für die Bischöfe haben die Frauen entwickelt: Münsters Bischof Felix Genn, seines Zeichens Sternzeichen Fische, haben sie mit auf den Weg gegeben: „Ihr Umfeld erwartet Großes von Ihnen. Enttäuschen Sie es nicht, und gehen Sie ruhig Wagnisse ein. Sie werden merken, wie Ihnen selbst das Herz aufgeht.“ Denn: Bischof Genn ist auf die Frauen zugegangen. Und nun erwarten sie von ihm die richtigen Schritte.
Zeitung nicht nur Print – auch online: Der „Bischofskonferenz Feuer unterm Hintern machen“
Mit der vierseitigen Zeitung wollen sie der „Bischofskonferenz Feuer unterm Hintern machen“, so die Frauen abschließend. Die Zeitung hat eine Auflage von 52.000 Stück und wurde bundesweit an das Zentralkomitee der katholischen Kirche und alle Schwesterverbände verschickt. Auch ist die Zeitung am Montag als Beilage der Westfälischen Nachrichten erschienen. Und: Sie wird natürlich auf der derzeit tagenden Bischofskonferenz verteilt werden, so Lisa Kötter, Initiatorin von „Maria 2.0“.
Online ist sie als PDF auf der Seite der kfd-Münster einzusehen.
Nächster Halt: Mahnwache
Und es geht bei der Bewegung Maria 2.0 weiter: Am 5. Oktober 2019 findet einen Mahnwache an der Lambertikirche statt. Sie wollen weiter auf ihr Anliegen, der Emanzipation der Frau in der katholischen Kirche aufmerksam machen. Es soll gebetet, gesungen und gelesen werden. Danach soll es mit Windlichtern in einem Lichterumzug zum Bischofssitz gehen.
Siehe auch:
- Pflegenotstand in Münster? - 12.02.2020
- Einkommensungleichheit erreicht Höchststand - 7.02.2020
- Hafencenter vor ungewisser Zukunft - 7.01.2020