Das Jobcenter muss die Kosten für eine Gleitsichtbrille übernehmen, falls der Antragsteller ein Attest vorlegen kann. Das entschied das Landgericht Mainz in einem Urteil vom vergangenen Dezember, auf das die Arbeitsloseninitiative „Tacheles“ jetzt in einem Newsletter hinweist. Das Jobcenter hatte die Ansicht vertreten, dass dem Antragsteller zuzumuten sei, abwechselnd eine Lese- und eine normale Brille zu tragen.
Dem folgten die Mainzer Richter in diesem konkreten Fall nicht, nachdem sie auch die Augenärztin des Hartz-4-Beziehers als Sachverständige anhörten. „Der Kläger hat einen Anspruch (…) auf Versorgung mit der begehrten Gleitsichtbrille“, heißt es in dem Urteil. Das Gericht sah die Gefahr einer Unterversorgung beim Kläger gegeben, falls er eine solche teure, aber notwendige Anschaffung aus eigener Tasche bezahlen müsse. Es bezog sich dabei ausdrücklich auf ein recht allgemein gehaltenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Unterversorgung bei Hartz-4-Empfängern.
Der Mann hatte sich zunächst Geld vom Bruder leihen müssen, um sich auf eigene Kosten eine Brille anzuschaffen, nachdem das Jobcenter die Zahlung verweigert hatte. Nach dem Kauf habe sich aber herausgestellt, dass er eine Nickel-Kobalt-Allergie habe und das Gestell bei ihm ein Ekzem verursacht habe. Er benötige deshalb ein Gestell, dass nicht zum Nulltarif zu haben sei. Ferner brauche er aus medizinischen Gründen entspiegelte Gläser. Der Kläger legte darüber entsprechende Atteste einer Augen- und Poliklinik vor.
Das Sozialgericht verpflichtete das Jobcenter dazu, die Kosten der zweiten Brille in Höhe von 261,50 Euro zu übernehmen. Den Betrag für die erste, gesundheitsschädliche Brille in Höhe von rund 130 Euro bekommt der Kläger allerdings nicht zurück, denn die Summe habe er über das bereits zurückgezahlte Darlehen seines Bruders selbst finanziert.
Aktenzeichen: S 16 SO 8/14, Sozialgericht Mainz, 16.12.2014
https://harald-thome.de/newsletter/archiv/thome-newsletter-35-2015-vom-12-12-2015.html
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