Eine neue Studie belegt: „Ein Großteil der Bevölkerung profitiert von steigenden Einkommen, doch seit der Finanzkrise nimmt die Ungleichheit der Einkommen wieder zu“.
Für die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland ist das verfügbare reale Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1991 und 2016 gestiegen, im Durchschnitt um 18 Prozent, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer neuen Studie basierend auf den Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP).
Dagegen fielen die Einkommenszuwächse sehr unterschiedlich aus. Im Ergebnis habe die Ungleichheit der Haushaltsnettoeinkommen extrem zugenommen.
Seit der Finanzkrise steigt die Einkommensungleichheit wieder mehr
Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Finanzkrise hat sich in steigenden Realeinkommen eines Teils der Bevölkerung niedergeschlagen. Dazu haben insbesondere der starke Beschäftigungsaufbau und die Lohnanstiege der letzten Jahre sowie die Rentenanpassungen beigetragen.
Die Armen sind noch ärmer, die Reichen noch reicher
So zeigt sich, dass die höchsten Einkommen zwischen 1991 und 2016 um 35 Prozent gestiegen sind, die niedrigsten Einkommen sind dagegen seit 2010 sogar um zwei Prozent gesunken!
Die Zufriedenheit mit dem Haushaltseinkommen sei zwar gestiegen. Trotzdem betrachtet eine knappe Mehrheit der Befragten ihren eigenen individuellen Nettoverdienst als zu niedrig und deshalb als ungerecht. „Möglicherweise ist dies ein Hinweis darauf, dass auch die unterschiedliche Teilhabe an den Einkommenssteigerungen wahrgenommen wird“, sagt SOEP-Direktor Stefan Liebig.
Jüngere mehr und mehr von einem erhöhten Armutsrisiko betroffen
Die Niedrigeinkommens- beziehungsweise Armutsrisikoquote ist rasant von elf auf 16,6 Prozent gestiegen. Die Armutsrisikoschwelle lag dabei für einen Einpersonenhaushalt im Jahre 2016 bei rund 1.120 Euro pro Monat.
Die Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren weist die höchste Armutsrisikoquote mit 28 Prozent auf. Einen starken Zuwachs auf fast 23 Prozent, der durch familienbedingte Erwerbsunterbrechungen und einen ausgeweiteten Niedriglohnsektor erklärt werden kann, verzeichnet jedoch auch die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen.
Minijobs und Teilzeit bieten keinen Schutz vor Armut
Da im Jahr 2017 mehr als sieben Millionen Beschäftige in Deutschland einen Minijob ausübten und es zunehmend Arbeitnehmer*innen in Teilzeitbeschäftigung gibt, bietet Erwerbstätigkeit allein auch keinen umfassenden Schutz vor Einkommensarmut mehr. So hat sich die Niedrigeinkommensquote bei Mehrpersonenhaushalten mit nur einem Erwerbstätigen, die Mitte der 1990er-Jahre bei etwa 15 Prozent lag, bis zum Jahr 2016 auf etwa 30 Prozent verdoppelt. Ein vergleichbarer Trend findet sich auch bei erwerbstätigen Einpersonenhaushalten.
Allgemeinverbindlichkeitserklärungen, Absenkung der Minijobschwelle und bezahlbarer Wohnraum gefordert
Um der gestiegenen Einkommensungleichheit entgegenzuwirken, empfehlen die Autoren vom DIW unterschiedliche Instrumente.
Hierzu gehört neben einer verstärkten Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen auch die Absenkung der Minijobschwelle, um Anreize für eine Umwandlung in Teilzeit- bzw. Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse zu setzen. Flankierend bedarf es auch wohnungspolitischer Maßnahmen zur Förderung des Baus von bezahlbarem Wohnraum, um davon ausreichend auch für einkommensschwache Personen in Städten zu erhalten.
Wer den sozialen Frieden retten will, muss also endlich diese Probleme angehen!
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