Ein Gastbeitrag von Frank Biermann
Zu einer Podiumsdiskussion über die Zukunft der Hochschulen hatten die Junge GEW, der AStA der Uni Münster und die Vertretung der Studentischen Hilfskräfte an der Uni Münster in das Seminarraumzentrum am Orleansring eingeladen.
Auf dem Podium saßen Dietmar Bell, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion NRW, Pavel Zelenyak, stellvertretender Vorsitzender der RCDS Hochschulgruppe Münster und Stefan Brackertz, Sprecher des Landesausschusses Studierende in der GEW. Moderiert wurde die weitgehend ruhige und sachliche Diskussion von Lenny Liebig, Mitarbeiter im Hochschulinformationsbüro an der Universität Münster.
Eingeladen worden vor dem Hintergrund, dass die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW derzeit an der Novellierung des Hochschulgesetzes arbeitet. Der Gesetzentwurf sieht nach GEW-Einschätzung mehr Pflichten für Studierende und viele Freiheiten für die Hochschulen vor. Letztere sollen beispielsweise über Anwesenheitspflicht und Abschaffung der SHK-Vertretungen entscheiden können. Daneben sollen Studienverlaufspläne Studierende zu mehr Erfolg verhelfen.
Was die Novellierung für den Studienalltag bedeutet, dazu gab es auf dem Podium unterschiedliche Meinungen. Pavel Zelenyak (RCDS) betonte, es gehe der neuen Landesregierung darum, wieder mehr Verantwortung an die Hochschule zurückzugeben. Die Beteiligten vor Ort sollten die sie betreffenden Angelegenheiten selbst entscheiden. Die Hochschulen bräuchten keine restriktiven Vorgaben vom Land. Ihm war sehr daran gelegen, mit dem „Mythos der Anwesenheitspflicht“ aufzuräumen. Da seien viele Falschmeldungen unterwegs: „Die Freiheit des Studierens wird nicht beschnitten“, so Zelenyak. De facto gebe es die Anwesenheitspflicht bei qualitativen hochwertigen Angeboten schon jetzt. „Unfaktische Anwesenheitspflicht“ nannte das Zelenyak. Im Übrigen gebe es sicher Studierende, denen „eine Anwesenheitspflicht gut tun würde“. Durch Studienbeiräte würden zukünftig die Mitspracherechte der Studierenden gesichert. Er warnte auch davor, die geplanten Studienverlaufsvereinbarungen nur negativ zu sehen. Sie seien ein wichtiges Instrument um den Studierenden eine vielfach gewünschte Orientierung zu geben. „Es wird keiner exmatrikuliert, der sich nicht dran hält. Wer will kann auch weiter 20 Semester Kunstgeschichte studieren“.
Dietmar Bell (SPD) entgegnete, rechtlich seien diese Anwesenheitspflichten überhaupt nicht zulässig, darauf habe die rot-grüne Landesregierung immer wieder hingewiesen, die Unis hätten sich an diese Anweisung oft nicht gehalten. Unter Rot-Grün habe es keine Restriktionen gegeben. Vielmehr habe man in Abstimmung mit den Universitäten einen allgemein akzeptierten Hochschulentwicklungsplan entworfen und die Hochschulen erfolgreich weiter entwickelt. Von einer allgemein verbindlichen Studienberatung, wie sie im Gespräch ist, hält der SPD-Hochschulexperte und Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Landtag NRW nicht viel, Er habe keine*n Präsidenten*in oder Rektor*in getroffen, der sich so etwas vorstellen könne. Praktisch könne dies schon aus Personalmangel gar nicht durchgeführt werden. Der SPD gehe es vor allem um gute Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Deshalb könnte die Einrichtung von SHK-Vertretungen nicht ins Belieben gestellt werden. „Das Mitbestimmungsrecht der Hilfskräfte darf nicht von einer Entscheidung der jeweiligen Hochschule abhängig gemacht werden“, so Bell.
Die CDU-FDP-Landesregierung plane eine Hochschule, an der letztlich nur noch die Professor*innen das Sagen hätten, urteilte Stefan Brackertz von der Jungen GEW. Das Gesetz sei von der Anlage her „stark rückwärtsgewandt“, es solle „die Demokratisierung der Hochschulen wieder zurückdrehen“. Er sprach sich insbesondere für den Erhalt der seit 2014 geltenden Zivilklausel aus. Die soll verhindern, dass an der Hochschule Forschung für militärische Zwecke stattfinden. Forschung für die Bundeswehr habe an den Hochschulen nichts zu suchen. Erst kürzlich habe sich deswegen die RWTH Aachen von so einem Projekt verabschieden müssen. Wissenschaft solle sich für Nachhaltigkeit, Frieden und Demokratie einsetzen. Die Wissenschaftsministerin Isabell Poensgen-Pfeiffer tue sich schwer mit den zunehmend selbstbewusst auftretenden Hochschulen, die sich auch kritisch zu gesellschaftlichen Entwicklungen äußern.
Nach Einschätzung von Dietmar Bell soll das NRW-Hochschulgesetz in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause verabschiedet werden und dann schon zum WS 2019720 in Kraft treten. Vorher werde es noch Beratungen im Wissenschaftsausschuss des Landtages geben.
Zuerst erschienen in der Münsterischen Volkszeitung. Mit Dank an Frank Biermann.
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