Volksbegehren zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände der Immobilienkonzerne in Berlin
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ hat 77.000 Unterschriften bei der Berliner Verwaltung eingereicht. Das sind fast viermal so viele Unterschriften, wie benötigt werden, um das Volksbegehren zu starten.
Seit April wurden die Unterschriften von der Initiative gesammelt, diese warb dabei um die Unterstützung ihres Volksbegehrens zur Vergesellschaftung der Berliner Bestände großer Immobilienkonzerne (mit mindestens 3.000 Wohnungen). Das neue: Die Wohnungen der Konzerne sollen nach Artikel 15 des Grundgesetzes zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum überführt werden.
Die Initiative betrat damit Neuland: „Obwohl bei der Verabschiedung des Grundgesetzes nicht nur das Privateigentum, sondern auch die Gemeinwirtschaft als mögliche Wirtschaftsform genannt wurde, kam es nie zu einer Vergesellschaftung. Die Sozialdemokratie, aber auch Teile der CDU hatten Ende der 1940er-Jahre durchaus Sympathie für diese nicht profitorientierte Wirtschaftsform. Eine Zuneigung, die jedoch bald verdampfte: Der Kalte Krieg ließ Derartiges nicht zu. In der Berliner Republik ab 1990 wurde dann das Gegenteil zur Norm: Statt Vergesellschaftung wurde volkseigenes und staatliches Vermögen nicht nur der DDR, sondern auch der alten BRD radikal privatisiert“, schreibt die Initiative auf ihrer Webseite.
Die Forderungen des Volksbegehrens:
„Wir fordern vom Berliner Senat die Erarbeitung und Verabschiedung eines Gesetzes mit folgenden Inhalten:
- Private Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, sollen nach Artikel 15 Grundgesetz enteignet und ihre Bestände in Gemeineigentum überführt werden.
- Die betroffenen Unternehmen sollen deutlich unter Marktwert entschädigt werden.
- Zur Verwaltung der Bestände soll eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) neu geschaffen werden. In deren Satzung wird festgehalten, dass die Bestände der AöR nicht privatisiert werden dürfen.
- In der AöR sollen die in Gemeineigentum überführten Bestände unter mehrheitlich demokratischer Beteiligung von Stadtgesellschaft und Mieter*innen verwaltet werden.
Deshalb machen wir ein Volksbegehren, das ein solches Rekommunalisierungsgesetz zum Ziel hat.“
Die Initiative sieht sich als Antwort auf die Mietenexplosionen der letzten Jahre. Ohne eine Vergesellschaftung sei aus ihrer Sicht diese Misere nicht in den Griff zu bekommen.
In der Tageszeitung „taz“ werden Befürchtungen laut, „dass der Senat auch die rechtliche Prüfung des Enteignungs-Begehrens verschleppen könnte“. Ein vorausgegangenes Volksbegehren „Berlin werbefrei“ wird seit fast einem Jahr durch die Berliner Innenverwaltung geprüft. „Wenn Innensenator Geisel das Volksbegehren auf die lange Bank schieben will, werden die Berlinerinnen und Berliner das nicht akzeptieren“, so Jenny Stupka, Sprecherin der Initiative gegenüber der taz.
Die Koalitionäre der Rot-rot-grünen Koalition stehen nicht einheitlich zum Volksbegehren: Die Linke unterstützt das Volksbegehren, die Grünen dagegen schon nur mit Einschränkungen. Die SPD will erst bei einem Parteitag im Oktober Position beziehen. Union und FDP lehnen das Volksbegehren sowieso ab.
Falls das Volksbegehren die rechtliche Prüfung der Innenverwaltung besteht, würde zunächst das Abgeordnetenhaus darüber befinden. Lehnt das ab, müsste die Initiative innerhalb von vier Monaten rund 170.000 Unterschriften sammeln. Sind die zusammen, kommt es in Berlin zu einem Volksentscheid.
Die Initiative im Netz:
Die taz zum Volksbegehren: https://www.taz.de/Volksbegehren-zur-Deutsche-Wohnen/!5600293.
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