● Bundesagentur für Arbeit will Kunden mit Drogentests nerven ●
von Gerrit Hoekman
Die Bundesagentur für Arbeit hat offenbar vor 88000 Tests anzuschaffen, um Bezieher von Sozialleistungen auf ihren Drogenkonsum zu untersuchen.
Das will das Boulevardblatt BILD von einem Sprecher der Agentur erfahren haben. Mit den Tests können unter anderem Kokain und Cannabis im Urin nachgewiesen. Die Anwendung bedarf allerdings der Zustimmung der Betroffenen. Der Test wird vom ärztlichen Dienst der Arbeitsagenturen vorgenommen.
„Das sind ungeheuerliche Pläne, die mit dem Gebot der Menschenwürde im Grundgesetz nur noch haarscharf vereinbar sind“, kommentiert Ulrich Schneider, Bundesgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes den Plan gegenüber der „Huffington Post“. Die Empfänger würden auf „unverschämte Weise drangsaliert. Das lässt jeglichen Respekt vermissen. Diejenigen, die so etwas vorschlagen, sollten selbst zum Drogentest gehen.“
Im vergangenen Oktober hatte das Landgericht Heidelberg entschieden, dass Arbeitsamt und Jobcenter nur unter bestimmten Umständen einen Drogentest anordnen dürfen. Wenn zum Beispiel eine Stelle als LKW-Fahrer in Aussicht stehe und der Bewerber dafür clean sein müsse. Aber auch dann müsse ein konkreter Verdacht vorliegen.
Eine Hartz-IV-Empfängerin hatte auf 1000 Euro Schadensersatz geklagt, weil das Jobcenter sie zu einem Drogentest genötigt hatte. Dadurch seien ihre Persönlichkeitsrechte verletzt worden. Hintergrund: Die Frau war häufig krankgeschrieben und deshalb zu Terminen nicht erschienen. Das Landgericht hatte den Anspruch auf Schadensersatz abgewiesen, da der Fall bis zum Prozess nicht öffentlich geworden war und deshalb auch keine Rufschädigung festzustellen sei.
Der Richter stellte allerdings deutlich fest, dass sich die Sachbearbeiterin aber auch die Ärztin in diesem konkreten Fall rechtswidrig verhalten hätten. Zumal der Test auch eine Blutentnahme enthalten haben und damit die körperliche Unversehrtheit der Frau beeinträchtigt worden sei. Das sei aber nicht nötig gewesen, da die Empfängerin nicht für eine Arbeitsstelle vorgesehen war, für die eine solche Untersuchung Voraussetzung sei. Außerdem habe das Jobcenter keinen hinreichenden Verdacht auf Drogenkonsum darlegen können. Die mehrfachen Krankschreibungen reichten dafür nicht aus.
Landgericht Heidelberg, Urteil v. 22.08.2013, 3 O 403/11
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