Was sich jetzt ändert bei der Anrechnung von Einkommen
Von Norbert Attermeyer
Das Bürgergeld hat am 1. Januar 2023 Hartz IV abgelöst. Seitdem haben eine Menge neuer
Bestimmungen alte abgelöst. Vieles hat sich dadurch nicht wirklich verbessert, einiges aber schon.
Im folgenden Artikel geben wir einen Überblick über Änderungen, die Einnahmen betreffen.
Laufende Einnahmen: Hier gab es nur geringfügige Verbesserungen. Es bleibt bei den 100,- Euro, die zunächst anrechnungsfrei sind. Und bis 520,- Euro Einkommen bleibt es bei den 20 Prozent zusätzlichem Freibetrag. Neu ist die Einführung eines Freibetrages in Höhe von 30 Prozent für Einkommen zwischen 520,- und 1000,- Euro. Unverändert gibt es zusätzlich 10 Prozent Freibetrag von 1000,- bis 1200,- Euro ohne Kind bzw. mit Kind bis 1500,- Euro.
Beispiel:
Anrechenbares Einkommen in Höhe von 1500,- Euro mit einem Kind.
1. Grundfreibetrag 100,- Euro
2. Freibetrag in Höhe von 84,- Euro (20 Prozent von 420,- Euro)
3. Zusätzlicher Freibetrag in Höhe von 144,- Euro (30 Prozent von 480,- Euro)
4. Ein weiterer Freibetrag in Höhe von 50,- Euro (10 Prozent von 500,- Euro)
Insgesamt beläuft sich der Freibetrag in diesem Beispiel auf 378,- Euro. Die alte Regelung sah hier einen Freibetrag von 330,- Euro vor. Es gibt also ein zusätzliches Plus in Höhe von 48,- Euro. Eine Verbesserung, die diesen Namen verdient, sieht anders aus.
Deutliche Veränderungen gibt es bei dem Thema Einmalige Einnahmen. Dies sind in diesem Beispiel Einnahmen wie Steuerrückerstattungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Einnahmen aus Spielgewinnen etc. Bisher wurden diese Einnahmen in der Regel auf einen Zeitraum verteilt auf sechs Monate angerechnet. Dies ist jetzt deutlich anders: Im Monat des Zuflusses dieser Einnahmen werden sie voll auf die Leistungen angerechnet. Im Folgemonat werden sie aber nun dem Vermögen zugeschrieben.
Beispiel:
Hannah erhält eine Einkommenssteuerrückerstattung in Höhe von 2300,- Euro. Monatlich erhält sie Leistungen vom Jobcenter in Höhe von 900,- Euro. Die Steuererstattung wird im ersten Monat voll angerechnet. Was nach diesem Monat von dem Geld noch übrig ist, kann sie aber komplett behalten – sofern sie ihre Vermögensfreigrenze noch nicht überschritten hat. (Diese liegt für Alleinstehende bei 15.000,- Euro.)
Aber auch hier lohnt es sich, das Kleingedruckte zu lesen. Denn Nachzahlungen von Sozialleistungen wie Kindergeld, Arbeitslosengeld oder Krankengeld sind von dieser Regelung ausgeschlossen. Begründet hat die Regierung das damit, dass die Berücksichtigung von Nachzahlungen nur im Zuflussmonat „missbräuchlich genutzt werden“ könnte und die „Berücksichtigung von Nachzahlungen von Sozialleistungen in nur einem Monat die Leistungsberechtigten unangemessen bevorteilen“ würde.
Diese Unterstellung wird vom Gesetzgeber aber nur einfach so behauptet und nicht belegt. Und so wie es aussieht, scheint es auch ganz ohne Belege zu gehen. Kurzum, es bleibt in diesen Fällen bei der alten Regelung: Sollte eine Nachzahlung in einem Monat höher ausfallen als die Leistungen des Jobcenters, so wird der überschießende Betrag auf sechs Monate verteilt angerechnet. Nix mit Vermögen.
Aufwandsentschädigungen aus ehrenamtlicher und nebenberuflicher Tätigkeit sind bis 3000,- Euro jährlich anrechnungsfrei. Zusätzlich zu der bisherigen Regelung (monatlich 250,- Euro Aufwandsentschädigung anrechnungsfrei) kann die Aufwandsentschädigung auch aus einem höheren Zufluss im Monat bestehen. Entscheidend ist nur, ob die jährliche Obergrenze von 3000,- Euro überschritten wird.
Eine erhebliche Veränderung gab es beim Mutterschaftsgeld. Dieses wird nun nicht mehr als Einkommen angerechnet. Bisher entstand hierbei ein erheblicher Verwaltungsaufwand, weil das Mutterschaftsgeld häufig erst nachträglich gezahlt wurde. Was wiederum zu Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden führte. Eine Erleichterung also für alle Betroffenen.
Große Veränderungen gab es auch bei dem Thema Erbschaften. Im Zuflussmonat der Erbschaft wird diese nicht mehr als Einkommen angerechnet. Und im Folgemonat wird sie direkt dem Vermögen zugeordnet. Es findet also keine Anrechnung statt, solange die Vermögensfreigrenze hierdurch nicht überschritten wird.
Neu geregelt ist auch das Schülereinkommen. Während der Ferien erzieltes Einkommen ist unabhängig von der Höhe anrechnungsfrei. Entscheidend ist nur, dass das Einkommen während der Ferien erzielt wurde. Wenn das Geld erst später zufließen sollte, ändert das nichts an der Anrechnungsfreiheit.
Eine Besonderheit stellt die Neuregelung bei der Anrechnung von Einkommen bei jungen erwerbstätigen Personen dar. Wenn junge Menschen bis zum Alter von 25 Jahren neben einer Ausbildung Einkommen erzielen, gilt nun ein deutlich höherer Grundfreibetrag. Gemeint sind Ausbildungen, die dem Grunde nach mit Bafög gefördert werden können, sowie natürlich auch betriebliche Ausbildungen. Auch die Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme zählt dazu sowie die Mitarbeit im Bundesfreiwilligendienst.
Für alle diese Fälle gilt: Wer neben seiner Tätigkeit (Ausbildung etc.) Einkommen erzielt, erhält einen Grundfreibetrag in Höhe von zur Zeit 520,- Euro. Hiermit soll ganz offiziell ein Anreiz geboten werden, neben der Ausbildung einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Natürlich nur, wenn das die Belastung durch die Ausbildung zulassen sollte. Es kann aber auch sein, dass der Gesetzgeber ganz einfach erkannt hat, dass manche Ausbildungsvergütung oder das Bafög sowieso nicht zum Leben reichen.
In der nächsten Ausgabe widmen wir uns den Veränderungen bei der Anrechnung von Vermögen im neuen Bürgergeld.
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