Ein kurzer Blick auf die geplanten Mittelkürzungen des Bundes
Von Arnold Voskamp
„Mit größter Sorge“ blickt der Paritätische Wohlfahrtsverband auf die von der Bundesregierung geplanten massiven Haushaltskürzungen.
„Obwohl die Steuereinnahmen des Bundes im nächsten Jahr deutlich steigen werden, plant die Bundesregierung eine drastische Reduzierung der Förderungen gemeinnütziger Dienste, der Kinder – und Jugendhilfe, der Freiwilligendienste und der Integrations- und Unterstützungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte,“ schreibt der Paritätische Münster in seinem Brief an die Bundestagsabgeordneten aus Münster.
Nach der Pandemie und den „massiven Kostensteigerungen durch Energiepreise, Inflation und berechtigte Tarifsteigerungen der Beschäftigten“ würden viele Träger inzwischen schon von ihrer Substanz zehren. Julia Gakstatter vom Paritätischen Münster nennt Beispiele aus Münster, die von den künftig geplanten Kürzungen betroffen sein werden.
Jede vierte Stelle bei den Freiwilligendiensten fällt weg
Ein Viertel der Freiwilligendienste (FSJ, FÖJ, FiJ und BFD) soll das Bundesfamilienministerium einsparen. Diese Freiwilligendienste decken wichtige Aufgaben ab und sind eine wichtige Brücke für junge Menschen, sich auch anschließend beruflich in Erziehung und Pflege zu engagieren. Außerdem steht die gerade erst eingeführte Förderung der Digitalisierung in der Freien Wohlfahrtspflege schon wieder auf der Streichliste des Familienministeriums.
Schwer wiegen die Einschnitte bei der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender GGUA. Die Psychosoziale Beratung für Geflüchtete Menschen soll das Familienministerium um 60 Prozent kürzen. Traumatisierte Geflüchtete sollen keine Therapien und psychosoziale Unterstützung mehr bekommen. Das Bundesinnenministerium soll, während besonders viele Geflüchtete aus der Ukraine dazu gekommen sind, seine Förderung der Migrationsberatung um 30 Prozent zusammensparen. Die 2023 gerade erst neu etablierte Asylverfahrensberatung für queere und besonders verletzliche Geflüchtete soll 2024 nur noch halbierte Förderung bekommen.
Drastisch will die Regierung 400 (560) Millionen Euro bei der Arbeitsförderung kürzen. Mit den Geflüchteten aus der Ukraine sind in den Jobcentern 600.000 Menschen zusätzlich aufgelaufen. Die Aufgaben der Jobcenter sind außerdem ab dem 1. Juli 2023 noch ausgeweitet worden. Dafür stehen jedoch keine zusätzlichen Verwaltungskosten zur Verfügung. Es werden Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik also nicht für die berufliche Eingliederung, für Fortbildungen und so weiter verwendet, sondern für die Verwaltungsaufgaben. Die Mittel für die Eingliederung werden nun weiter gekürzt werden. Das Jobcenter Münster erwartet eine Kürzung um 1,5 Millionen Euro. Andere Jobcenter reden schon davon, dass sie ihren Arbeitslosen gar keine beruflichen Förderungen mehr geben können. Damit unterläuft die Regierung ihre eigenen Versprechungen, die sie erst kürzlich mit der Einführung des Bürgergeldes gegeben hat.
Solche Einschnitte schlagen bei den Arbeitslosen und natürlich auch bei den Trägern von beruflichen Eingliederungsleistungen durch.
Die berufliche Eingliederung junger Leute leidet unter dem Sparprogramm
Besonders drastisch wird sich bei den jungen Menschen unter 25 Jahren auswirken, was der Bund für deren berufliche Eingliederung plant: Sie soll in Zukunft allein von den Agenturen für Arbeit und nicht mehr von den Jobcentern übernommen werden. Ziel ist, den Bund (die Jobcenter) von Kosten zu entlasten und damit die Arbeitslosenversicherung (Arbeitsagenturen) zu belasten. Wer 20 Jahre zurückdenken kann, wird sich erinnern, wie mit der Einführung von Hartz IV erprobte Strukturen der Jugendberufshilfe in den alten Arbeitsämtern zerschlagen wurden. Neue Wege der Zusammenarbeit, neue Strukturen mussten über Jahre hinweg in den neuen Jobcentern erst neu organisiert werden. Jetzt soll das alles wieder über den Haufen geworfen und komplett von der Arbeitsagentur geleistet werden. Die mühsam aufgebauten und gepflegten Kooperationen gehen erneut verloren. Dazu sind die Jobcenter bislang räumlich viel näher dran als die Arbeitsagentur, dies war immerhin mal ein Kernstück der Hartz-Reformen.
Die geplanten Mittelkürzungen sollen nach der Sommerpause vom Kabinett und vom Bundestag beschlossen werden. Für Münster sind an den Entscheidungen beteiligt: Bundesministerin Svenja Schulze (SPD), Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, sowie der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Nacke.
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