Ein Gastbeitrag von Frank Biermann.
Als der Deutsche Mieter*innenbund (DMB) vor 100 Jahren in Münster gegründet wurde, da hatte das natürlich einen triftigen Grund. Das Gründungsjahr 1919 war geprägt von extremer Wohnungsnot. Hundert Jahre später ist das wieder ähnlich. „Und deswegen ist es gut, dass es uns gibt“, sagt Jutta Pollmann, Geschäftsführerin des „DMB (Deutsche Mieter*innenbund) Mieter*innenverein Münster und Umgebung e. V.“. „Wir sorgen wenigstens für etwas Waffengleichheit in dieser ungleichen Auseinandersetzung, wir sind Sprachrohr und Lobbyisten der Mieter*innen. Wir beraten unsere 9000 Mitglieder, klären sie über ihre Rechte auf und vertreten sie notfalls auch vor Gericht“. Die gerichtliche Auseinandersetzung sei allerdings die Ausnahme. „Wir sind eine große Streitschlichtungsinstitution und sind niemand, der Öl ins Feuer gießt“, so Pollmann.
Die größeren Wohnungsbaugesellschaften würden die alten Mieter*innen „herausmodernisieren“
Unter Strich bleibt ihr Eindruck: „Die Mieter*innen lassen sich viel zu viel gefallen“. Und das sei ein Fehler. „Denn wer sich wehrt, bekommt oft recht“. Viele Mieter*innen scheuten aber in einem laufenden Mietverhältnis die Auseinandersetzung. Die Vermieter*innen (Ausnahmen bestätigen die Regel) ließen oft eine soziale Ader vermissen oder hätten falsche Vorstellungen. Sie würden, wenn wieder ein neuer Mietspiegel herauskomme, auch ihre Altmieter mit Mieterhöhungen konfrontieren, die sie nur bei Neuvermietung verlangen könnten. Das sei immer wieder ein Streitpunkt. Eigenbedarfskündigungen seien oft fingiert, und gerade die größeren Wohnungsbaugesellschaften würden die alten Mieter*innen „herausmodernisieren“, um dann bei den neuen Mieter*innen noch höhere Mieten verlangen zu können, so DMB-NRW-Geschäftsführerin Silke Gottschalk.
Jutta Pollmann führt Beratungstermine nicht nur in Münster, sondern im gesamten Münsterland: in Rheine, Ibbenbüren, Gronau und Warendorf genauso wie in Coesfeld und Dülmen. Ihr Befund fällt ernüchternd aus: „Nicht nur in Münster haben wir einen völlig überhitzten Markt mit überhöhten Mieten. Auch Coesfeld, Ahaus, Rheine, und Dülmen holen kräftig auf, Münsters Speckgürtel endet nicht mehr in Havixbeck oder Senden.“
„Dieses Klein-Klein bringt nichts, Münster bräuchte eine konzertierte Aktion, einen neuen Stadtteil um das Problem gründlich zu erledigen“
Sie vermisst genauso wie der 1. Vorsitzende des Vereins, Hubert Berning, ein einleuchtendes Gesamtkonzept der Stadt Münster, um für eine deutliche Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen: „Dieses Klein-Klein bringt nichts, Münster bräuchte eine konzertierte Aktion, einen neuen Stadtteil um das Problem gründlich zu erledigen“. Es sei schön, wenn die Stadt Bauland ankaufe, alles dauere aber viel zu lange, wie die Umwandlung der Kasernen in Wohnquartiere. „2000 neue Wohnungen müssten in Münster pro Jahr fertiggestellt werden, es war nur die Hälfte“. Schon um den sozialen Frieden weiter zu sichern, sei es wichtig, den „Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen“. Es mangele nach wie vor an Sozialwohnungen. „Wir brauchen wieder Mieten, die noch für Normalverdiener*innen bezahlbar sind“.
„Wir wissen zwar auch nicht, ob und wann die Immobilienblase platzt“, sagte der NRW-Vorsitzende, Hans-Joachim Witzke, aus Düsseldorf. „Aber ganz sicher platzt den Menschen der Kragen, und sie gehen auf die Straße, um zu protestieren“.
Auch der WDR hat einen Audio-Beitrag mit O-Tön von Jutta Pollmann gebracht.
Zuerst erschienen in der Münsterschen Volkszeitung.
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