Wir berichteten: Fortsetzung in Gräfenhausen
von Arnold Voskamp
„Ein ekelhaftes Geschäft“ hieß unser Beitrag in der letzten SPERRE zum Lkw-Streik an der Raststätte Gräfenhausen bei Darmstadt. Er handelte von der Ausbeutung in internationalen Arbeitsverhältnissen, die sich in osteuropäischen Speditionen und Sub-Sub-Unternehmen breitgemacht hat. Globalisierung und Lieferketten haben „wilde“ Arbeitsverhältnisse im Transportwesen etabliert.
Die SPERRE berichtete über den polnischen Speditionsbetrieb Mazur, der seinen Fahrern, meist aus Georgien oder Usbekistan, monatelang den Lohn schuldig blieb. Die Fahrer hatten Schulden machen müssen, weil der Unternehmer sie nicht bezahlte. Darum hatten sich an der Raststätte Gräfenhausen-West schließlich 60 Fahrer mit ihren Lkw versammelt. Sie weigerten sich gemeinsam weiterzufahren, solange die Löhne nicht gezahlt sind.
Erst schickte der Spediteur eine Security-Firma mit gepanzerten Fahrzeugen nach Gräfenhausen, um mit Gewalt den Protest zu zerschlagen. Das verhinderte die hessische Polizei. Weil ein Auftraggeber, General Electric, wegen der ausbleibenden Lieferung Strafzahlungen verlangte, hatte Mazur Ende April nachgegeben. Alle Fahrer haben ihren Lohn erhalten, weil kein Lkw freigegeben wurde, solange noch einem Fahrer der Lohn fehlte. Unser Nachtrag hieß dann: „Lkw-Streik beendet“.
Jetzt aber geht es weiter. Wieder versammeln sich seit Juli Lkw-Fahrer der Spedition Mazur in Gräfenhausen. Wieder protestieren sie wegen nicht gezahlter Löhne. Ein erster Versuch des Unternehmens war erfolgreich: 20 Fahrer gaben ihre Lkw frei, nachdem Mazur ihnen ihren Lohn gezahlt hatte. Die anderen streiken weiter – und werden mehr. Anfang August waren bereits über 100 Lkw an der Autobahn versammelt.
Urlaubende Pkw-Fahrer*innen und andere Beteiligte beschweren sich über die weitgehend blockierte Raststätte. In der Regel jedoch erhalten die Fahrer viel Unterstützung aus der Bevölkerung. Im April hatten sich Gewerkschafter aus den Niederlanden und Deutschland („Faire Mobilität“) unterstützend an der Auseinandersetzung und den Verhandlungen beteiligt. Jetzt sind sie wieder herbeigerufen worden.
Ein „Erfolg“ der Europäischen Einigung ist die Ausweitung des Warenverkehrs in der EU, mit den vollen Autobahnen, mit immer mehr Lkw an Raststätten – und mit ganz schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrer. Wir sind gespannt, ob die EU-Politik in der Lage ist, solche Missstände zu verhindern.
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