Der Streik an der größten Universitätsklinik in Europa, der Charité in Berlin, geht auch heute weiter. Das teilt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit. Seit vergangenen Montag haben dort ein Drittel der Pflegekräfte unbefristet die Arbeit niedergelegt. Eine Notbesetzung wickelt noch akute Fälle ab, nicht dringend erforderliche Operationen werden verschoben, pro Tag soll es sich um 200 handeln. Die Streikende fordern nicht mehr Lohn, sondern die Einstellung neuer Kolleginnen und Kollegen. Die Klinikleitung hat das bisher abgelehnt, weil es dazu an Geld fehle. Die Verhandlungen zwischen Verdi und der Klinik laufen mittlerweile seit zwei Jahren: Verdi fordert 600 neue Stellen, die Charité hat zuletzt 80 angeboten. Das Krankenhaus hatte versucht den Streik vom Landesarbeitsgericht verbieten zu lassen. Erfolglos, die Richter betrachten die Arbeitsniederlegung als gerechtfertigt.
In diesen Kontext passt eine Meldung aus Bremen: Die Zahl der Pflegekräfte ist im kleinsten Bundesland seit 2004 um elf Prozent zurückgegangen, das sind mehr als 500 Angestellte – bei einer unveränderten Zahl an Krankenhäusern. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Patienten um fast 13.000. Die Zahl der Ärzte hat sich um rund 200 erhöht. Das teilten die Dienstleistungsgewerkschaftt Verdi und die Bremische Krankenhausgesellschaft am vergangenen Mittwoch mit.
Gleichzeitig blieben die Kranken in selben Zeitraum anderthalb Tage kürzer im Hospital. „Eine kürzere Verweildauer bedeutet gleichzeitig versorgungsintensivere Behandlungen und damit eine höhere Belastung der Pflegekräfte“, stellt die Arbeitnehmerkammer in Bremen in einer Presseerklärung fest. Genauso kurz bleiben die Patienten nur noch in Mecklenburg-Vorpommern im Krankenhaus. Beide Länder werden übrigens seit langem von Sozialdemokraten regiert. In Bremen zuletzt in einer Koalition mit den Grünen. Die Arbeitnehmerkammer vertritt die Interessen aller rund 200.000 Beschäftigten in Bremen.
Noch drastischer werden die Zahlen, wenn man sie mit dem Stand von 1991 vergleicht. Damals wurden die Bremer im Schnitt noch zwei Wochen stationär behandelt. Der Unterschied liegt natürlich zum einen am medizinischen Fortschritt, aber eben auch am wachsenden Kostendruck, unter dem die Kliniken durch zahlreiche Reformen im Gesundheitswesen leiden. Sparen und Personalabbau als Allheilmittel. „Wenn es noch einen Beleg brauchte für die zunehmende Belastung der Pflegekräfte, dann sind es diese Zahlen“, so die Arbeitnehmerkammer. Vor gut zehn Jahren sei eine Voll-Pflegekraft für 49,8 Patienten verantwortlich gewesen, heute sind es 58,2. Die Arbeitnehmerkammer weißt darauf hin, dass die Pflegekräfte für die Arbeit, die sie leisten, nicht ausreichend bezahlt würden und „wirklich nicht zu den Großverdienern zählen“.
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