Die LEG Immobilien AG fällt in jüngster Zeit eher durch negative Schlagzeilen auf: teilweise schlechter Zustand der Wohnungen, Verschleppung von Reparaturen, schlechte Erreichbarkeit und hohe, zum Teil nicht nachvollziehbare Nebenkosten. Auch in Münster beginnen Mieter*innen jetzt, sich zu organisieren, um eine Verbesserung der Lage zu erreichen. Ein Fallbeispiel zeigt die Situation im Stadtteil Berg Fidel.
Im Stadtteilhaus Lorenz Süd treffe ich mich mit Andreas Heusmann, dem Ansprechpartner der LEG-Mieterinitiative für Berg Fidel. Seit 40 Jahren lebt der sehr freundlich und ruhig wirkende Herr mit seiner Frau hier, hat die Entwicklung des Viertels miterlebt, engagiert sich seit Langem in der Nachbarschaft. „Als wir vor vielen Jahren der WGM (Wohnungsgesellschaft Münsterland; Anm. d. Redaktion) zugeschoben wurden, fingen die Probleme an. Da waren wir zuerst sehr froh, da wir zunächst bestimmte Vorteile, zum Beispiel einen kompetenten Hausmeister, hatten. Aber dann haben wir eine Sanierungsmaßnahme mitmachen müssen, da haben wir zum ersten Mal gespürt, dass wir seltsam behandelt wurden. In einer Besprechung mit dem Architekten wurde nach der Größe der neuen Briefkästen gefragt. Die Antwort war: ,Da passt eine gefaltete Zeit rein, aber so etwas verstehen sie hier sowieso nicht.‘“¹
Die Wohnungen wechselten über die Jahre mehrfach die Besitzer*innen, bis sie schließlich von der LEG gekauft wurden – zu diesem Zeitpunkt noch im Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen. „Als dann der Verkauf der LEG anstand, haben wir uns bereits Gedanken gemacht. Die Befürchtung war, dass wir einem Investor zugeschlagen werden, der sich ähnlich verhält wie der in der Schleife in Kinderhaus.“²
Das Engagement der Familie Heusmann, mit der sie sich gegen Vermietungspraktiken zur Wehr setzte, begann mit einer undurchsichtigen Rückzahlungsforderung an viele Mieter*innen in Berg Fidel. Dabei ging es um bezahlte, aber nicht erbrachte Leistungen der LEG. Nachdem sie sich erfolgreich gegen die Rückzahlungsforderung gewehrt hatten, berichteten die Westfälischen Nachrichten (WN) – mit dem Ergebnis, dass 500 bis 600 Mieter*innen sich ebenfalls erfolgreich zu Wort meldeten. Ebenso wurden nicht existente zusätzliche Mülltonnen von der Vermieterin in Rechnung gestellt. Die Temperatur im Warmwasserspeicher wurde erst bei einer angekündigten Prüfung auf Legionellen hochgeregelt.
Mangelnde Erreichbarkeit
Ein weiteres Problem haben die Mieter*innen mit der Erreichbarkeit. Gab es früher noch LEG-Büros auf der Geiststraße und Metzer Straße, so ist das Unternehmen heute nur noch über E-Mail oder ein Callcenter zu erreichen. Doch diese Kommunikation erweist sich oft genug als schwierig. „Früher gab es einen Hausmeister, den man ansprechen konnte; den hat man angerufen und dann kam der auch. Jetzt gibt es einen Hauswart – Hausmeister dürfen wir nicht mehr sagen – den hab‘ ich noch nie gesehen. Den können wir auch selber gar nicht erreichen“, weiß Andreas Heusmann zu berichten.
„Vor einiger Zeit war unsere Initiative auf eine Versammlung eingeladen, und da haben wir gefragt, wie viele LEG-Hauswarte es überhaupt in Münster gibt, schließlich bezahlen wir auch dafür. Man wollte damals darauf nicht antworten. Wir haben dann gefragt, ob das ein Betriebsgeheimnis ist, dann würden wir das akzeptieren – es kam keine Antwort.“
Auf meine Anfrage teilte die LEG mit, dass in den Münsteraner Quartieren täglich sechs Hauswarte präsent seien. Ferner kümmere sich ein Gemeinschaftsunternehmen der LEG und eines Unternehmens für Service- und Messtechnik sowie von diesen beauftragte Subunternehmen um Reparaturen. Außerdem dauere es bei einfachen Mängeln zwei bis fünf Tage von der Meldung bis zur Reparatur. Die Abwicklung über ein Callcenter habe laut LEG zur Verbesserung des Services beigetragen – man erspare den Kunden lange Wartezeiten in den Hauswartbüros, das Personal in dem Callcenter sei professionell geschult.
Laut vielen Mitgliedern der Mieterinitiative läge das Problem bei der LEG in deren Konzept der „Wohnung als Ware“ begründet. Einige Mitglieder der Initiative waren im Mai bei der Aktionärsversammlung in Düsseldorf. Dort wurde Münster als Wachstumsmarkt angepriesen, mögliche Renditen von 30 bis 38 Prozent wurden in Aussicht gestellt. Heusmann: „Und so hohe Renditen kann man halt nur einfahren, wenn man bei bestimmten Dingen spart. Und bei uns wird am Sozialkontakt und an der Erreichbarkeit gespart.“
Andererseits wirbt die LEG aktuell damit, sich vermehrt in manchen Vierteln zu engagieren. So wird in Berg Fidel der Einwohnertreff „Alte Post“ unterstützt. Auch gibt es eine Anlaufstelle für körperlich oder psychisch erkrankte Menschen, wo diese Hilfe erhalten können. Vielleicht nur eine PR-Maßnahme, auf der anderen Seite aber vielleicht ein erster Schritt zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Mensch und Konzern.
Probleme, Ursachen, Lösungen
Auf die Frage nach dem Zustand der Wohnungen antwortet Heusmann differenziert: „Wenn Sie tausend Menschen fragen, kriegen sie tausend Antworten. Ich kann das nicht sagen. Es gibt viele Probleme, und es gibt Probleme, die sehr unterschiedlich gehandhabt werden.“ Er selbst habe in seinem Haus bereits Probleme mit dem Wasserdruck und einen Wasserschaden gehabt, in beiden Fällen habe es sehr lange gedauert, bis Handwerker vorbeigekommen seien. Im Fall des Wasserschadens war ein Sachverständiger der Versicherung bei der Begutachtung des Schadens dabei. Dieser sei empört gewesen, dass er erst am Vortag über den Schaden informiert wurde, obwohl das Problem schon lange bekannt gewesen sei. Er könne in diesem Fall aber nur über Erfahrungen im eigenen Haus sprechen.
Ferner gab es in letzter Zeit einige umstrittene Mieterhöhungen – „Mietanpassungen“ im Vermieterjargon. Auch bei dem Thema will Heusmann nicht pauschalisieren. Manche Erhöhungen seien gerechtfertigt, manche nicht, dies hänge vom Einzelfall ab.
In der Mietervereinigung habe man den Eindruck, dass zwei Mietergruppen bei der LEG besonders „beliebt“ seien: Zum einen Migrant*innen, diese sprächen häufig die deutsche Sprache noch nicht so gut, und in vielen Ländern sei das Verhältnis zur Justiz ein anderes als in Deutschland. Dementsprechend würden Menschen mit Migrationshintergrund sich seltener gegen fragwürdige Vermieterpraktiken wehren. Die andere Gruppe seien Studenten-WGs, auch diese seien verwaltungstechnisch leicht zu managen. In Berg Fidel sei meist die erste Gruppe betroffen.
Miteinander, nicht gegeneinander
Eines ist Andreas Heusmann noch wichtig: Er selbst sieht die LEG nicht als Feind an. Natürlich sei die LEG als Unternehmen an hoher Rendite interessiert. Aber ebenso versuche die Mieterinitiative, das Interesse der Mieter*innen zu vertreten. Das gehe am besten miteinander, nicht gegeneinander.
Heusmann lebt auch nach 40 Jahren immer noch gerne in Berg Fidel, in direkter Nachbarschaft zu Preußenstadion und USC-Sporthalle. Natürlich gebe es immer wieder Probleme, nicht nur mit der Vermieterin, der LEG. Im Stadtteil wohnt ein überdurchschnittlich hoher Anteil sowohl an alten als auch an jungen Menschen sowie Menschen mit Migrationshintergrund. Dies führe manchmal zu Konflikten zwischen Generationen und Kulturen. Auch das eigene Engagement im Viertel werde nicht von allen positiv aufgenommen.
Dennoch funktioniere das Neben- und Miteinander im Großen und Ganzen gut. Innenstadt oder Hiltrup seien schnell erreichbar, während der Stadtteil selbst aufgrund fehlenden Durchgangsverkehrs recht ruhig sei. Das einst schlechte Image des Stadtteils habe sich gebessert, Berg Fidel sei schon lange kein Kriminalitätsschwerpunkt mehr.
Es bleibt zu hoffen, dass der sympathische Stadtteil in Münsters Süden auch seine momentanen Probleme in den Griff bekommt. Nun gut, vielleicht nicht alle. Langweilig soll es ja auch nicht werden.
¹ Da es in Berg Fidel einen hohen Anteil an Sozialwohnungen gibt, hatte das Viertel vor allem früher nicht den besten Ruf in Münster.
² Die Mietverhältnisse in der Kinderhauser Schleife, bis vor Kurzem im Besitz der BGP-Gruppe, sind ein in Münster wohlbekanntes Beispiel für problematische Praktiken bei Investmentgesellschaften als Vermieterinnen.
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