Im Frühjahr ´17 wird vom Kabinett der neue Armuts- und Reichtumsbericht beschlossen. Die Universität Osnabrück steuert hierzu eine brisante Studie bei, in der die politischen Ansichten verschiedener Einkommensschichten den Entscheidungen des Bundestages seit 1998 gegenüber gestellt werden. Danach spiegeln die Beschlüsse des Parlaments in hohem Maße die Interessen Besserverdienender wider, während der in Umfragen geäußerte Wille von Geringverdienern kaum Umsetzung findet.
Wenngleich die hohe Übereinstimmung zwischen parlamentarischen Entscheidungen und der politischen Einstellung Bessergestellter zum jetzigen Zeitpunkt wohl Eingang in die Endfassung des Berichtes finden soll, werden weiterführende Überlegungen in dieser Studie hinsichtlich der Gründe für die Unterrepräsentation Einkommensschwacher und eine sich daraus ableitende Bewertung der Legitimation des gesamten politischen Systems wohl vom Kanzleramt rausgestrichen. Entfernt werden soll z.B. das Ergebnis einer von Sozialministerin Nahles beauftragten Erhebung, wonach deutlich mehr Wohlhabende zur Wahl gehen und der Anteil an ärmeren Nichtwählern seit Jahrzehnten zunimmt. Die SPD-Politikerin zieht daraus den Schluß, daß sich Einkommensschwächere politisch schlecht vertreten fühlen, während CDU und Kanzleramt unbedingt den Eindruck vermeiden wollen, geringer Verdienende hätten in der Politik einfach keine Lobby.
Es ist kaum zu erwarten, daß die Bundesregierung in einem offiziellen Bericht die Legitimation ihrer eigenen Prozesse infrage stellt, so wie es nicht verwundern kann, daß Abgeordnete, zu 86 Prozent Akademiker, letztendlich ihre Interessen, nämlich die des Bessergestellten, vertreten. Zum Kartenhaus wird das Ganze, wenn auf die theoretische Gleichberechtigung aller Gruppierungen verwiesen und der Geringverdiener etwa für seine mangelnde Mitwirkung selbst verantwortlich gesehen wird. In Zeiten von AfD, Brexit oder Trump geht das mittlerweile nach hinten los…
(ds)
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