● Armut mit dem Grundgesetz vereinbar ●
von Gerrit Hoekman ●
Bundesrichter halten Hartz-4-Regelsätze für hoch genug. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung festgestellt, dass die Regelsätze bei Hartz 4 gerade noch verfassungskonform sind.
Die Bundesregierung muss aber regelmäßig überprüfen, ob die Leistungen noch zu einem menschenwürdigen Leben reichen. Falls zum Beispiel die Preise unerwartet steigen sollten, müsse der Staat handeln und die Sätze heraufschrauben. Die Richter nennen in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Kostentreiber Strom, dessen Preis in den letzten Jahren erheblich gestiegen sei. 2011 betrug die Pauschale für Wohnen, Energie und Instandhaltung 30,24 Euro, heute sind es 32,68 Euro. Das Bundesverfassungsgericht fordert von der Bundesregierung, sie müsse belegen, ob der Betrag noch ausreiche.
Sie mahnen die Behörden außerdem an, den Kauf von langlebigen Gebrauchsgütern wie Waschmaschinen stärker zu finanzieren und fordern die Sozialgerichte auf häufiger in diesem Sinne zu entscheiden. Im Moment ist dafür eine Ansparpauschale von drei Euro im Monat vorgesehen. Die Richter sehen hier – wenig erstaunlich – die Gefahr einer „Unterdeckung“. Bei Jugendlichen soll der Gesetzgeber ebenfalls nachbessern, so das Gericht. Was Kleinkinder betrifft, schließen die Richter zwar messerscharf, dass die zugestandenen 2,19 Euro für Körperpflege nicht einmal für die Windeln ausreiche, glauben aber recht realitätsfremd, dass ein „interner Ausgleich durch Ansparen“ möglich sei.
Katja Kippling, Vorsitzende der Linkspartei, findet das Urteil „nur auf den ersten Blick gut“, wie die Berliner Tageszeitung „junge Welt“ berichtet. Sie kritisiert besonders, dass die Richter in ihrer Entscheidung die übliche Sanktionspraxis der Jobcenter nicht in Frage stellen. Sie hätten lediglich betont, dass die Existenzsicherung durch Hartz 4 gedeckt werden muss. Nach Ansicht von Katja Kippling widerspricht der Umstand, dass die Jobcenter ungehorsamen Kunden bis zu hundert Prozent der Leistungen kürzen und sie mit Lebensmittelgutscheinen abspeisen, diesem hehren Anspruch grundlegend. Die Linkspartei tritt für eine repressionsfreie Grundsicherung von 500 Euro plus Miete ein.
Laut „junge Welt“ bereitet die Bundesregierung im Moment unter Federführung der SPD eine Weiterentwicklung des Strafenkatalogs für Hartz-4-Empfänger vor, der ab April 2015 gelten soll. Aus einem Papier, das der Zeitung vorliegt, geht hervor, dass die „Tatbestände für Pflichtverletzungen“ gestrafft werden sollen und die Rechtsfolgen vereinheitlicht. „So soll künftig etwa der Regelsatz für jedes ‚Vergehen‘, ob verpasster Termin oder abgelehnte Maßnahme, für alle Betroffenen um 30 Prozent gekürzt werden“, schreibt die „junge Welt“.
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