Schrauben kann ich selbst

In Münster gibt es mehr Gelegenheiten zur Selbstreparatur von Fahrrädern, als man denkt

Von Thomas Krämer

Wer kennt das nicht: Da will man gerade mit dem Rad nach Hause, zu einem wichtigen Termin oder zu Freunden aufbrechen, da hat der Drahtesel einen Platten. Oder unterwegs reißt plötzlich der Bremszug oder die Kette. In allen diesen Fällen steht eine Reparatur an, natürlich. Nur wie und wo? Eine Reparatur in der Werkstatt von Fahrradgeschäften ist oft teuer. Und selber reparieren ohne eigenes Werkzeug und Erfahrung. Wie soll das gehen?

Mist – jetzt habe ich schon wieder einen Platten. Wenn ich das Rad bei der Werkstatt zur Reparatur abgebe, das wird wieder teuer. Zum Glück ist ein Platten an einem Laufrad für mich kein großes Problem, Fahrradschläuche habe ich schon einige geflickt.
Größere technische Probleme mit der Leeze sind schwieriger zu beheben, erst recht, wenn man keine Erfahrung damit hat. Für Menschen, die eh kaum Geld zur Verfügung haben, wird die unvermeidliche Reparatur beim Händler dann zusätzlich zu einem finanziellen Problem. Manchmal können Freunde oder Nachbarn mit einschlägigen Kenntnissen aushelfen. Und wenn nicht? Gibt es noch andere Möglichkeiten, unter Anleitung sein Rad selbst wieder instand zu setzen?

Mitmachen ist Bedingung

Doch, diese Möglichkeiten gibt es. Wer in Münster seinen Drahtesel wieder flott machen will, ohne teure Reparaturen bezahlen zu müssen, hat in Münster durchaus die Chance dazu. Voraussetzung ist die Bereitschaft, sich selbst die Hände schmutzig zu machen. Wie man wo und wie richtig am Rad schraubt, verraten einem Profis, die bei den Hilfsangeboten mit Rat und Tat zur Seite stehen.
„Unsere Werkstatt steht allen offen“, sagt etwa Hermann Holzapfel von der Leezenküche in Münster, ein Angebot des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), „eine Mitgliedschaft ist keine Bedingung.“ Von Ende 20 bis Mitte 70 reicht das Altersspektrum des ehrenamtlichen Helferteams, das aus vier Schraubern und einer Schrauberin besteht. Immer mittwochs steht das Team für die Sorgen und Nöte von Leezenbesitzerinnen und -besitzern für drei Stunden zur Verfügung. Dann wird an den Rädern alles Mögliche geschraubt, geölt oder eingestellt. Die erwartete Gegenleistung: ein Obolus für die Spendenbox. Ein Termin sollte am besten vorab per E-Mail vereinbart werden. „Sonst steht man eventuell lange an.“
Die Leezenküche an der Dortmunder Straße gibt es seit gut 15 Jahren. Längst hat sie sich zu so etwas wie einem sozialen Treffpunkt entwickelt, meint Holzapfel. „Zu uns kommen oft Studenten aus dem Viertel oder auch andere Leute, die nicht viel Geld haben. Hier wird dann zusammen geklönt und Kaffee getrunken.“ Eines macht Fahrrad-Fachmann aber unmissverständlich klar: „Wir erwarten die Bereitschaft mit anzupacken. Leute, die ihr Rad einfach nur abgeben wollen und dann bei der Arbeit nur zugucken, die sehen wir hier nicht gerne.“ Wer dagegen wenig Erfahrung im Schrauben hat oder ungeübt ist, aber mit Hand anlegt, dem wird gerne geholfen. Diese Vorbedingung gilt auch für die anderen Angebote zur Selbstreparatur. „Wir erwarten, dass mitgemacht wird“, heißt es etwa beim Jugendinformations- und -bildungszentrum Jib, das zusammen mit dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni Münster eine Fahrradwerkstatt im Keller unter dem Gleis 22 betreibt. Dort stehen vier parallele Arbeitsplätze an vier Tagen in der Woche zur Verfügung. „ein Fachkollege von drei Teilzeitbeschäftigten ist an den Tagen immer da.“

Viele gute Tipps bei geringen Kosten

Für einen Unkostenbeitrag von drei Euro kann hier an der Möhre nach Herzenslust gewerkelt werden. „Bei uns gibt es gängige Einzelteile – neu und gebraucht – für gängige Räder.“ Die werden in bar bezahlt, daher wäre passendes Wechselgeld nicht schlecht. Der AStA hat darüber hinaus an verschiedenen Standorten in der Stadt einige Pannenhelfer-Säulen installiert, die alle gängigen Werkzeuge wie Schraubenzieher und -schlüssel, Reifenheber und Luftpumpe für eine Radreparatur bieten.

Gelegenheit zur Selbstreparatur bietet ebenso die Leezenwerkstatt des cuba. Neben dem nötigen Werkzeug gibt es auch hier Anleitung und Tipps, wie Reifen und Schlauch gewechselt, die Schaltung neu eingestellt oder Bremszüge ausgetauscht werden können.
„Die Arbeit leisten zwei ehrenamtliche Schrauber für uns, die sich hinterher über eine Spende freuen“, erklärt Andreas Weber, Leiter des cuba-Kulturbüros. Erst im April habe die Werkstatt ihr Einjähriges gefeiert. Das Angebot und Personal kommen an: „Die Helfer sind sehr freundlich und stets bereit, das anstehende Problem zu lösen“, zeigt sich eine Ratsuchende angetan.

Zum Schluss soll ein beispielhaftes Angebot nicht verschwiegen werden, das die Internationale Fahrradwerkstatt, eine Einrichtung des Vereins IntegrationsForum Münster, auf dem Gelände der Oxford-Kaserne in Gievenbeck eingerichtet hat. Dort können nicht nur Leezen repariert werden, sondern vor allem geflüchtete Menschen gespendete und reparierte Räder bekommen. Und obendrein erhalten dort geflüchtete Frauen sogar die Gelegenheit, in einem Kurs Fahrradfahren zu lernen.

 

Hier kann man oder frau sein/ihr Rad in Münster selbst reparieren (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Fahrradwerkstatt von AStA und JiB

Die Fahrradwerkstatt des AStA bietet Fahrradstationen zur Selbstbedienung an, um das eigene Rad wieder auf Vordermann zu bringen.

JiB – Jugendinformations- und -beratungszentrum

Ort: Hafenstraße 34; Werkstatt im Keller unter dem „Gleis 22“ (Außeneingang im Hof)

Zeit: montags von 16.30 Uhr bis 20 Uhr, dienstags von 16 Uhr bis 20 Uhr, mittwochs und donnerstags von 15.30 Uhr bis 20 Uhr

Kosten: 3,- Euro pro Nachmittag, zuzüglich Ersatzteile (nur Barzahlung) ASTA Fahrradwerkstatt

Leezenküche des ADFC

Ort: Dortmunder Straße 19. Die Werkstatt hat einen eigenen Zugang von der Leerer Straße (dortigen Hinweis beachten).

Zeit: mittwochs von 16.30 bis 19.30 Uhr; vorrangig nach vorheriger Anmeldung per E-Mail

Kosten: keine, aber dafür die freiwillige Nutzung der Spendenbox
Leezenküche

LeezenWerkstatt am cuba

Ort: Achtermannstraße 12; im Hof vor dem MALTA, bei schlechtem Wetter im cuba-Foyer

Zeit: immer am letzten Samstag im Monat von 12 Uhr bis 18 Uhr

Kosten: keine, außer für notwendige Ersatzteile

Internationale Fahrradwerkstatt

Ort: Oxford-Kaserne, Roxeler Straße 340

Zeit: freitags von 15 Uhr bis 18 Uhr

Kosten: keine, außer für nicht vorhandene Ersatzteile

https://www.integrationsforum-muenster.de/aktuelles/
https://www.starthilfe-muenster.de/internationale-fahrradwerkstatt-muenster/