Das Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen hat am 18. Dezember 2018 entschieden, dass ein Hartz-IV-Empfänger, der als Fahrgastbegleiter über einen Ein-Euro-Job bei den Hannoveraner Verkehrsbetrieben ÜSTRA angestellt war, nicht rückwirkend Tariflohn einklagen kann, da auch andere Unternehmen tarifgebundene Fahrgastbegleiter eingestellt hätten.
Der Kläger hatte drei Jahre lang Senioren und Rollstuhlfahrern beim Einsteigen geholfen, unterstützte Eltern mit Kinderwagen und begleitete Patienten zum Arzt. Dies als Maßnahme des Jobcenters. Die ÜSTRA bot diesen Dienst unentgeltlich an.
Ihm waren Zweifel aufgekommen, ob er wirklich eine Zusatzarbeit ausübt, als er einen Werbeflyer eines Begleitdienstes fand. Hier aber als bezahlte Dienstleistung eines Begleitdienstes mit tarifgebundenen Angestellten.
„Vom Jobcenter verlangte der Mann nun Tariflohn als Wertersatz für seine Arbeit. Nach seiner Ansicht erbringe die ÜSTRA eine kostenlose Leistung, die bei anderen Anbietern im Rahmen von Betreuungen oder Eingliederungsleistungen Geld koste. Hierdurch entstehe eine wettbewerbsverzerrende Konkurrenz, die auch noch intensiv beworben werde“, so schreibt das LSG Niedersachsen-Bremen in einer Pressemitteilung.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Ein-Euro-Jobs zwar nur für gemeinnützige Zusatzarbeiten eingerichtet werden, die keine reguläre Arbeit verdrängen.
Aber aus 70 bei der ÜSTRA eigesetzte Fahrgastbegleiter*innen würden dem Verkehrsbetrieb bei 176 Mio. Fahrgästen pro Jahr keine zusätzlichen Einnahmen generiert. Auch wenn für diesen Service Werbung gemacht würde. Ebenso wenig bestehe ein Verdrängungspotential gegenüber anderen Anbietern. Diese würden zumeist auch ganz andere Leistungen erbringen wie etwa umfassende Individualbetreuung.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. Dezember 2018 – L 11 AS 109/16; Vorinstanz: SG Hannover
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