Die Armut grassiert in Deutschland: Die Armutsgefährdung in Deutschland – gemessen an der Armutsgefährdungsquote – ist regional nach wie vor sehr unterschiedlich ausgeprägt, so das Statistische Bundesamt Destatis in einer Presseerklärung: In Bayern war sie 2018 mit 11,7 Prozent am geringsten, in Bremen mit 22,7 Prozent am höchsten. Die Armutsgefährdung sei zwischen Ost und West immer noch unterschiedlich, würde sich aber annähern:
„Die Armutsgefährdungsquoten für das Jahr 2018 liegen in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) mit durchschnittlich 17,5 Prozent etwas höher als im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) mit 15,0 Prozent. Gegenüber dem Jahr 2005 […] haben sich die Armutsgefährdungsquoten im Osten und im Westen jedoch angenähert: Damals waren im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) 13,2 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet, in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) 20,4 Prozent“, so das Statistische Bundesamt.
Für das frühere Bundesgebiet (ohne Berlin) stieg die Quote von 13,2 Prozent im Jahr 2005 auf 15,0 Prozent im Jahr 2018. In den neuen Bundesländern (einschließlich Berlin) ist sie dagegen von 20,4 Prozent im Jahr 2005 auf 17,5 Prozent im Jahr 2018 gesunken.
Mehr als 40 Prozent der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten von Armut bedroht
Das höchste Armutsrisiko haben Alleinerziehende und ihre Kinder: 2018 waren 40,4 Prozent der Personen in Alleinerziehenden-Haushalten im früheren Bundesgebiet und 44,5 % dieser Personen in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) armutsgefährdet, so das Statistische Bundesamt.
„Nicht mehr armutsfest“: Über 50 Prozent der Renten unter 900 Euro
Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, liegt bei über fünfzig Prozent der Rentner*innen die ausgezahlte Rente unter 900 Euro. Das geht aus eine kleinen Anfrage der Linkspartei hervor.
Demnach erhielten 51,4 Prozent der Altersrentner*innen 2018 weniger als 900 Euro (ohne Abzug der Steuern). Das sind 9,3 Millionen Rentner*innen, die eine Rente unter der Armutsgefährdungsschwelle von 999 Euro erhalten.
Die Bundesregierung weist zwar darauf hin, dass nicht alle Rentner*innen damit in die Grundsicherung fallen, denn sie können vielleicht durch Mieteinnahmen oder den/die Ehepartner*in abgesichert sein.
Dennoch: „Es lässt sich schlicht nicht leugnen, dass die gesetzliche Rente nicht mehr armutsfest ist“, sagte Sabine Zimmermann gegenüber dem RND, die die kleine Anfrage gestellt hatte.
NRW: Prozentual mehr Erwerbstätige und Rentner*innen betroffen
In NRW liege die Armutsgefährdungsquote bei 16,6 Prozent, so der für Statistik zuständige Landesbetrieb IT.NRW. Damit sei sie gegenüber dem Vorjahr 2017 (17,2 Prozent) leicht gesunken.
Der Anteil der Erwerbslosen an den von Armut bedrohten Menschen in NRW sei dabei auf 6,6 Prozent gesunken (2008: 14,1 Prozent), gestiegen seien dagegen die Anteile der Erwerbstätigen (von 22,0 auf 23,3 Prozent), der Rentner*innen und Pensionär*innen (von 15,6 auf 19,4 Prozent) und sonstigen Nichterwerbspersonen (Personen, die aufgrund familiärer oder gesundheitlicher Gründe oder aufgrund eines Studiums oder einer Ausbildung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen / von 24,0 auf 28,2 Prozent).
Für die Raumordnungsregion (ROR) Münster (Stadt Münster sowie die Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf) ist die Armutsgefährdungsquote 13,3 Prozent (2017: 13,7).
„Wir fordern Respekt für diese Lebensleistung“
Der VdK fordert deshalb auch eine „generationengerechte Altersversorgung als Ausweg aus der Armutsfalle“: Sowohl ältere als auch jüngere Menschen seien dringend auf eine zukunftsfähige Altersversorgung angewiesen: „Es kann nicht sein, dass jemand nach Jahrzehnten voller Arbeit, Kindererziehung oder Angehörigenpflege zum Sozialamt gehen muss“, so der Vorsitzende Horst Vöge. „Wir fordern Respekt für diese Lebensleistung – in Form einer guten Rente für alle Generationen!“
„Allein die Zahl der Empfänger*innen von Grundsicherung im Alter ist in den letzten sechs Jahren um knapp 14 Prozent gestiegen, auf zuletzt rund 155.000“, mahnt Horst Vöge. „Um geringe Bezüge aufzuwerten und das Rentenniveau insgesamt bei 50 Prozent zu stabilisieren, setzen wir uns im Rahmen unserer bundesweiten Kampagne #Rentefüralle (http://www.rentefüralle.de) daher ausdrücklich für eine gerechtere Steuerpolitik ein.“
Umverteilung von oben nach unten gefordert
Eine Umverteilung von oben nach unten käme selbstverständlich auch jüngeren Menschen zugute: „Arbeit muss sich lohnen – auch fürs Alter“, betont der Vorsitzende des Sozialverbands VdK Nordrhein-Westfalen. „Demnach ist es aus unserer Sicht dringend notwendig, den Mindestlohn auf 12,80 Euro anzuheben und prekäre Beschäftigungsverhältnisse einzudämmen.“ Zudem müssten Zeiten, in denen jemand aus dem Berufsleben aussteigt und Angehörige pflegt, rentenrechtlich mit denen der Kindererziehung gleichgestellt werden. „Nicht zuletzt zahlen sich Investitionen in gleiche Bildungschancen mehr als aus“, ist Horst Vöge überzeugt. „Entsprechende Maßnahmen wären ein wichtiger Beitrag, um das Vertrauen in die staatlichen Sicherungssysteme nachhaltig zu stärken.“
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