von Donata Godlewska
● Wohnen in der lebens-wertesten Stadt der Welt ●
Eigentlich dachte ich, endlich einmal eine Wohnung gefunden zu haben, in der ich alt und grau werden könnte. In jüngster Zeit wurde ich nun beides in Beschleunigung: noch grauer, noch älter fühlend!
Vor 7 Jahren zog ich aus der schönen Eifel in die „lebenswerteste Stadt der Welt“ (in der alle meine Kinder wohnen). Hier dachte ich, sofort eine Arbeit und eine Wohnung zu bekommen. Mit der Wohnung hatte ich nach einigen Mühen Glück. Mit meiner Tochter bekam ich ein helles Domizil, groß genug für uns Beide und für meinen kleinen Hund, es war sogar ein Waldstück direkt vor der Haustür. Das Leben mit Hartz IV war zwar nicht leicht, aber wir kamen mit den wenigen Groschen aus.
Die Arbeitssuche gestaltete sich schwieriger als ich dachte. In meinem früheren Beruf fand ich trotz vieler Vermittlungsversuche keine Anstellung. Ein Fahrradunfall hinterließ eine Behinderung bei mir, und so wurde ich auch für andere Jobs nicht mehr vermittelbar. Ein bitterer Wermutstropfen, doch in einem Sprichwort heißt es: Wenn es einmal schlimm in deinem Leben kommt, dann lächle und sage: „Es könnte schlimmer kommen!“ Und ich lächelte.
Kein Ende der Fahnenstange
Und Kinder werden irgendwann einmal flügge, das ist ja normal. Als meine Tochter in ihre eigene Wohnung zog, wusste ich nicht was schlimmer war: dass ich meine Tochter vermisste oder der Bescheid des Hartz IV-Amtes, dass ich mich nun nach einer „angemessenen Wohnung“ umzusehen hätte. Mir graute vor dem Gedanken wieder umzuziehen. In der Eifel sind mein Mann, ich und meine Tochter fast jedes Jahr umgezogen, weil mein Mann einen „beweglichen“ Beruf hatte. Wer glaubt, das sei das Ende der Fahnenstange, hat das dicke Ende nicht gesehen: Vor wenigen Wochen kam der nächste Kälteschock: eine saftige Mieterhöhung um fast 80 Euro. So kommt zu dem Spießrutenlauf der Jobsuche ein weiterer hinzu: die Wohnungssuche.
Meine Ahnung sollte sich bestätigen: Als erstes fragte ich bei meiner Wohnungsbaugesellschaft nach, die hatten leider keine kleinen Wohnungen frei, keine, die 50 qm (die Maximalgröße für Alleinstehende) groß waren. Man setzte mich auf eine Warteliste. Ebenso erging es mir bei anderen Gesellschaften. Ich durchforstete die Zeitungen, abonnierte „Immoscout“ und andere Internetseiten, setzte mich mit Maklern und Vermietern in Verbindung, wenn ich auch nur eine „angemessene Wohnung“ schnupperte und erlebte einen Frust nach dem anderen.
War ich so ehrlich zu sagen, dass ich Hartz IV beziehe, war hier sofort die Anfragestunde zu Ende. Ebenso, wenn ich meinen klitzekleinen altersschwachen Hund erwähnte. Aber was mich zur Salzsäule erstarren ließ, das waren die Wohnungsablehnungen aufgrund meines Alters! Ich bin gerade mal frische 60 Jahre alt! Dies alles teilte ich meiner Sachbearbeiterin mit, die lakonisch meinte, das Jobcenter werde die Miete der alten Wohnung jetzt, wo meine Tochter ausgezogen sei, nicht übernehmen, die Angemessenheit stehe im Gesetz, ich hätte mich nicht genug bemüht, eine neue Wohnung zu finden, weil der Nachweis für meine Bemühungen fehle. Schließich habe sie auch eine Wohnung für 350 Euro gefunden, und bei ihr hätte niemand nach ihrem Verdienst gefragt!„Wer es glaubt“, dachte ich, „na fein, da nehmen uns die Sachbearbeiter auch noch die angemessenen Wohnungen weg!“
Jetzt hab ich endlich die „Fakten dicke“ und fange an mich zu wehren. Entschlossen wende ich mich an den Mietverein und an einen Rechtsanwalt, vielleicht gibt es doch einen Weg, mich nicht zwischen Wohnen und Verhungern entscheiden zu müssen! Sollten auch die Gesetzesversteher nicht gegen die Politiker ankommen, kann ich mir nur den „billigsten und schönsten“ Wohnraum in Münster leisten: unter einer Kanalbrücke, und im Winter, eine 2 mal 1 qm und doppelt so tiefe Wohnung, Miete ca. 200 Euro im Jahr. Dies wird das Hartz IV-Amt nicht zahlen müssen, aber meine Nachfahren. Traurig aber wahr: Ich fürchte, ich bin nicht die Einzige!
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