Die Erstausstattung als Wundertüte: Wie man bekommt, was einem zusteht
Eine passende und bezahlbare Wohnung zu finden ist das Eine, sie entsprechend einzurichten etwas Anderes. Was viele Menschen im Hartz-IV-Bezug nicht wissen: Sie haben Anspruch auf einen Zuschuss durch das Jobcenter. Eine Luxuseinrichtung ist damit aber nicht möglich…
Von Darta Sils
Was habe ich mich damals gefreut, als ich nach der Besichtigung von 28 Wohnungen endlich eine Zusage für helle 30 Quadratmeter im Kreuzviertel erhalten habe, die das Amt bezahlt! Dies bedeutete, dass ich nach einer krankheitsbedingten Zwischenlandung von zwei Jahren in der Casa Mama wieder mehr auf eigenen Beinen stehen konnte. Als ich dann noch erfuhr, dass ich zusätzlich zu meinem Hartz-IV-Regelbedarf von monatlich 404 Euro Anspruch auf einen einmaligen Zuschuss zur Erstausstattung meiner Wohnung hatte, war ich erst einmal positiv überrascht.
Persönliche Berührungspunkte
Einige Kuriositäten erlebte ich dann doch noch: Zum Beispiel fand ich, dass mir eine Mikrowelle mit Grillfunktion zustünde, da in meiner Küchenzeile kein Backofen vorhanden war, um sich etwa eine Tiefkühlpizza heiß zu machen – aber Pustekuchen! Mein Sachbearbeiter eröffnete mir, dass einem bei der Erstausstattung lediglich eine einzige Kochplatte zustünde. Ich staunte nicht schlecht. Da muss sich der Hartz-IV-Empfänger wohl seine Erbsen und Nudeln nacheinander kochen oder eben kräftig ansparen, um in den Genuss überbackener Speisen zu kommen. Ich möchte aber nicht auf hohem Niveau jammern.
Formalitäten der Erstausstattung
Die Erstausstattung ist eine prima Hilfe. Sie deckt in besonderen Fällen einen notwendigen Bedarf, für den das Geld durch den niedrigen Regelsatz sonst nicht reicht. Generell erstreckt sich die Erstausstattung auf drei Bereiche: den Erstbezug einer eigenen Wohnung, Schwangerschaft und Familienzuwachs sowie Bekleidung in bestimmten Notlagen. Da der Umfang der Leistungen nicht bundeseinheitlich geregelt ist, sollte man sich vor Ort erkundigen, wofür das Jobcenter einen Zuschuss zahlt oder Sachleistungen in Form von Gutscheinen gewährt, etwa für Sozialkaufhäuser.
Zu beachten ist, dass für die Erstausstattung ein formloser Antrag gestellt werden muss. Darin müssen alle Gegenstände oder Kleidungsstücke aufgelistet werden, für die ein Zuschuss gewünscht wird. Einkommen aus einer Nebentätigkeit, mit der man sich sein Hartz IV aufbessert, darf das Jobcenter nicht auf die Erstausstattung anrechnen.Wer bedürftig ist, ob mit oder ohne Nebenjob, kann Erstausstattung beantragen (SG Dortmund Az: S 58 AS 4686/11 vom 18.7.2012) Eine Nebentätigkeit führt nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Erstausstattung. Entscheidend ist allein, ob der Leistungsbezug von Hartz IV noch besteht. Selbst wer kein Hartz-IV bekommt, weil das Arbeitseinkommen ein wenig höher ist als der Hartz-IV-Satz, kann für die Erstausstattung noch Hilfe vom Jobcenter bekommen.
Bei der Wohnungsausstattung hat man im Bedarfsfall bis zu zwei Jahre nach dem Einzug Zeit, den Antrag einzureichen. Wichtig ist, dass man Hausrat erst nach der Antragsstellung kauft und nicht umgekehrt.
Auch ohne Hartz-IV Anspruch für Geringverdiener
Selbst Menschen, die kein Hartz-IV beziehen, haben unter bestimmten Umständen Anspruch auf eine Erstausstattung für Wohnung, Kleidung und in der Schwangerschaft. Wenn sie zum Beispiel ihren regulären Unterhalt finanzieren können, einmalige größere Anschaffungen wie Möbel jedoch nicht, können sie Beihilfen erhalten (§ 24 Abs. 3, Satz 3 SGB II). Sie sind dann allerdings verpflichtet, einen Teil der Kosten durch Ansparungen über einen Zeitraum von sechs Monaten selbst zu übernehmen.
Einschränkungen bei der Erstausstattung
Dekadenten Luxus darf man bei der Erstausstattung nicht erwarten, denn Vater Staat berechnet die Unterstützung auf der Grundlage, dass wir Gebrauchtwaren kaufen. Dies ist allerdings, insbesondere bei Möbeln, unproblematisch und bietet zudem einen Gewinn für die Umwelt. Die Leistungen der Erstausstattung werden grundsätzlich nur bedarfsbezogen erstattet, und zwar für Dinge, die nicht vorhanden sind. Wenn beispielsweise bereits eine Einbauküche in der Mietwohnung vorhanden ist, wird für einen Küchenschrank keine Beihilfe gezahlt.
Nicht in der Erstausstattung enthalten sind sogenannte Ersatzbeschaffungen für ältere oder defekte Dinge. Wenn man eine zehn Jahre alte Matratze besitzt und umzieht, wird das Jobcenter keine neue Schlafunterlage finanzieren. Auch wenn eine Lampe defekt ist oder man sich einen Kühlschrank kauft, der weniger Strom verbraucht als der alte, gibt es keine Zuschüsse, solange schon Geräte vorhanden sind. Ersatz muss man aus der Regelleistung ansparen.
Eine Ausnahme bildet höhere Gewalt: Wenn es ohne eigenes Verschulden zum Verlust von Einrichtung oder Kleidung gekommen ist, wird Ersatz im Rahmen einer Erstausstattung gewährt. Zu den besonderen Umständen zählen Diebstahl, Brand und Hochwasser, soweit keine Versicherung für die Neuanschaffung aufkommt.
Ein Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung besteht in folgenden Situationen:
• Angemessener Auszug aus der elterlichen Wohnung
• Bei Trennung / Scheidung, wenn ein Elternteil einen neuen Haushalt gründet
• Neubezug nach Aufenthalt in einem Frauenhaus
• Nach Haft ab sechs Monaten
• Nach längerer Obdachlosigkeit
• Nach längerem Aufenthalt in einer Einrichtung (zum Beispiel Klinik oder Knast) *
• Verlust der Einrichtung durch höhere Gewalt
* (Anmerkung: Entscheidend ist die Beantwortung der Frage: Gibt es nach dem Aufenthalt noch Wohnung und Möbel? Das wiederum kann von der Aufenthaltsdauer abhängen. Das Jobcenter zahlt während der Knastzeit zwar die Wohnungsmiete weiter – aber nur bis zu sechs Monate. Danach geht die Wohnung verloren. Wichtig ist auch, ob die Möbel für die Zeit im Gefängnis oder in einer stationären Einrichtung anderweitig zwischengelagert werden konnten.)
Das Jobcenter bezuschusst die Anschaffung von Hausrat, der für ein ordentliches Wohnen unabdingbar ist. Die Leistungen reichen von der Küchengabel bis zum Elektroherd und bestehen aus einer großen Bandbreite an Gebrauchsgegenständen. Für eine alleinstehende Person in der Stadt Münster sieht die Ausstattungsliste folgendermaßen aus:
• 1 Bett
• 1 Matratze
• 1 Sitzmöbel
• 1 Schrank
• 1 Wohnzimmertisch
• 1 Wandspiegel
Für die Küche:
• 1 Spülenschrank mit Auflagespüle
• 1 Küchenschrank
• 1 Küchentisch
• 4 Stühle
• 1 Kochplatte
• 1 Kühlschrank
Zusätzlich 1 Waschmaschine und Hausrat
Alles, was darüber hinausgeht, wird nicht gewährt. Für alle Möbel und Gegenstände auf der Liste wird eine Pauschale von 1380 Euro berechnet, der Hausrat mit 417 Euro (inbegriffen). Bereits Vorhandenes, zum Beispiel der Hausrat, wird von der Pauschale abgezogen.
Für das Schlafzimmer gibt es noch Bettwäsche, Kleiderschrank sowie Gardinen, im Wohnzimmer werden mitunter ein Esstisch oder Lampen bezuschusst. Zur Wahrung von Hygiene und Sauberkeit wird eine Waschmaschine bezahlt, genauso Bügeleisen und Staubsauger.
Einen Sonderfall bildet die erstmalige Renovierung der Wohnung, denn diese Kosten werden im Rahmen der Erstausstattung nicht getragen. Dazu zählen speziell gewünschte Bodenbeläge wie etwa Teppichböden, wofür die Kosten in aller Regel nicht übernommen werden. In einem solchen Fall wird der Mieter aufgefordert, sich eine Wohnung zu suchen, die bereits den passenden Bodenbelag aufweist. Trennen sich Eltern, hat der Partner, der auszieht, Anspruch auf eine anteilige Erstausstattung für die neue Wohnung. Das gilt auch für die Kleidung der Kinder.
Schwangerschaft und Familienzuwachs
Erwartet eine Frau ein Kind, hat sie das Recht auf bestimmte Dinge, sobald diese notwendig werden. So zum Beispiel auf Umstandskleidung im Laufe der Schwangerschaft, auf einen Kinderwagen jedoch erst später. Bei der ersten Schwangerschaft wird Umstandskleidung aus zweiter Hand bis zu einem Betrag von etwa 150 Euro erstattet. Grundsätzlich müssen Frauen, die schon einmal schwanger waren, auf Kleidung sowie Gebrauchsgegenstände der ersten Schwangerschaft zurückgreifen. Falls aber zwischen zwei Schwangerschaften weniger als zwei Jahre liegen, können gewisse Dinge doppelt gewährt werden, beispielsweise, wenn zwei Kleinkinder gleichzeitig im Hochstuhl sitzen müssen. Üblicherweise werden Säuglingskleidung, Kinderwagen, Hochstuhl, Wickelkommode, Babybett und anderes mehr bezuschusst. Kleidung für das wachsende Kind muss allerdings aus der Regelleistung beglichen werden. Wenn ein Kind aus seinem Kleinkindbett herauswächst, zahlt das Jobcenter neuerdings die Anschaffung eines Jugendbettes im Rahmen der Erstausstattung (BSG vom 23.05.2013, Az. B 4 AS 79/12 R).
Ab der 13. Schwangerschaftswoche haben Frauen zusätzlich zur Erstausstattung Anspruch auf den sogenannten Mehrbedarf, der auf Grundlage des monatlichen Hartz-IV-Erhaltes berechnet wird (17 Prozent des vollen Regelsatzes von bisher 404 Euro für Alleinstehende, also 68,68 Euro, in einer Bedarfsgemeinschaft 61,81 Euro).
Einen Zuschuss für Bekleidung sieht die Erstausstattung zu folgenden Anlässen vor:
• Schwangerschaft und Familienzuwachs (siehe oben)
• Nach längerer Obdachlosigkeit
• Nach Haft ab sechs Monaten
• Nach starken Gewichtsänderungen
• Zieht ein Elternteil aus und gründet einen neuen Haushalt, gibt es anteilig Kleidung für die Kinder.
Der Grundstock an Bekleidung muss grundsätzlich so bemessen sein, dass diese mehrmals in der Woche gewechselt werden kann. Secondhandware ist zumutbar, außer bei Unterwäsche, Nachthemden und Badeanzügen. Wenn ein Antragsteller 25 Prozent seines Ursprungsgewichtes krankheitsbedingt zu- oder abnimmt und ein Arzt dies attestiert, wird in der Regel eine Pauschale für eine neue Garderobe gewährt. Kommt es zum Verlust von Kleidung durch höhere Gewalt, leistet das Jobcenter ebenfalls Ersatz.
Was nicht zur Erstausstattung zählt, ist Kleidung für besondere Anlässe wie Hochzeit, Taufe oder Konfirmation. Die Kosten dafür müssen aus der Regelleistung angespart werden.
– Die Liste der Gegenstände und Möbel der Erstausstattung sowie die allgemeinen Verwaltungsregeln für Münster findet man online hier:
– Wer sich für die enstprechenden Richtlinien in anderen Orten interessiert, wird unter diesem Link fündig:
Kurzfassung:
Erstausstattung bedeutet: Die einmalige Gewährung einer Geldsumme oder Sachleistung durch das Jobcenter in besonderen Bedarfsfällen wie:
• Erstmalige Einrichtung einer Wohnung inklusive Haushaltsgeräte (maximal zirka 1000 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt)
• Schwangerschaft und Geburt
• Bekleidung
• Ein formloser Antrag ist notwendig
• Geldpauschale darf in Eigenregie ausgegeben werden, Quittungen müssen in der Regel nicht eingereicht werden
Was gehört nicht dazu?
• Renovierungskosten bei Einzug
• Ersatzbeschaffungen: Abgenutzte oder defekte Geräte müssen aus der Regelleistung angespart werden
• Fernsehgerät, PC und Mikrowelle gehören nicht zur Erstausstattung
• Leistungen werden grundsätzlich nur bedarfsbezogen gewährt: Wenn beispielsweise ein Kühlschrank in der Mietwohnung vorhanden ist, wird hierfür keine Beihilfe gezahlt
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